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Kino, Kreuz und Kontroversen – Warum Ostern Hollywood Probleme macht

In der Filmgeschichte sind viele Werke entstanden, die das Leben Jesu thematisieren. Alle standen vor der Herausforderung, die Auferstehung darzustellen. Das ist mal besser, mal schlechter gelungen, sagen Film-Experten.

Was lange währt, wird endlich gut – oder auch nicht? Nach langer Planung scheint es nun tatsächlich etwas zu werden mit der Fortsetzung von Mel Gibsons “Die Passion Christi”. Das Sequel dürfte für hitzige Debatten sorgen – wie schon der erste Teil, der 2004 in die Kinos kam. Theologisch versierte Kritiker störten sich damals auch daran, wie der Film die Auferstehung Jesu behandelt.

In der letzten Szene sieht man Jesus, der im Grab sitzt, aufsteht und geht. Eine filmische Todsünde, findet Martin Ostermann, Theologe und Geschäftsführer des Katholischen Filmwerks: “Theologisch gesehen zählt das zum Schlimmsten, was ich je in einem Film gesehen habe”. Denn es gibt eine Grundregel: Der Auferstandene im Grab wird nicht gezeigt. “Denn das direkte Geschehen der Auferstehung bleibt ein Glaubensgeheimnis”, so Ostermann. Sie entziehe sich rein menschlichen Verständniskategorien.

Seit die Bilder laufen lernten, ist eine stattliche Anzahl an Filmen über das Leben Jesu zusammengekommen. Viele von ihnen bleiben jedoch auf der Bildebene hängen, beobachtet Josef Lederle, Leiter des Onlineportals filmdienst.de: “Je naturalistischer sie daherkommen, umso naiver sind sie.”

Für die Auferstehungsszenen heißt das: Je “originalgetreuer” der Film sein will, umso kitschiger wird in der Regel die Darstellung. “Man versucht im Sinne der Glaubensaussage Eindeutigkeit herzustellen – verfehlt damit aber den theologischen Sinn der Rede von Auferstehung”, erklärt Ostermann: “Auferstehung bedeutet, in eine andere, göttliche Wirklichkeit einzutauchen. Das muss sich widerspiegeln, um theologisch mithalten zu können.” Es sei eben keine Totenerweckung nach Mel-Gibson-Art.

Zu Hochzeiten der Sandalenfilme von 1950 bis 1970 entstanden opulente Monumentalfilme wie “König der Könige” (1961) und “Die größte Geschichte aller Zeiten” (1965). Auch Filme, die der Jesusgeschichte einen individuelleren Dreh gaben, wurden gemacht – wie die Verfilmung des Matthäus-Evangeliums (1964) von Pier Paolo Pasolini.

Diese drei gehen dezent mit dem Thema Auferstehung um. Bis zur Kreuzigung bleiben sie relativ naturalistisch – danach werden nur noch ganz kurze Szenen gezeigt. “Man druckst ein wenig um die Auferstehung herum, weil man weiß, dass man sie nicht so recht darstellen kann”, sagt Lederle.

Bei Pasolini wird das Geschehen am Grab komplett weggelassen. Es gibt eine kurze Begegnung mit den Aposteln – es bleibt aber offen, in welcher Wirklichkeitsform. Ähnlich endet der “König der Könige”. In der “Größten Geschichte aller Zeiten” wird der Auferstandene in der Schlussszene zu einem Fresko in einer Kirche. “Man wechselt in eine andere Darstellungsform und spielt die Kunstgeschichte ein”, erklärt Ostermann die Idee dahinter. Für ihn ein gelungener Weg.

Ein neuerer Film, der die Jesusgeschichte aufgreift, ist “Maria Magdalena” (2018). Dort geht Maria zum leeren Grab – und trifft auf Jesus, der einfach so dasitzt. “Diese Begegnung ist ohne überirdische Anmutungen”, betont Ostermann. Das Wunderhafte wird dadurch eingeholt, dass Maria völlig außer sich ist und zu den Jüngern läuft. Auch das ist für den Film-Experten solide gelöst: “Weil man alles übertrieben Wunderhafte ausschaltet, gleichzeitig die Tatsache nicht völlig verschweigt. Man lässt es in der Schwebe.”

So etwas wie Auferstehung gibt es aber nicht nur in Bibel-Filmen. Viele Dramen, auch moderne, orientieren sich am Erzählmuster der Heldenreise. In diesem markiert die Auferstehung den Beginn des dritten Akts: Die Wirklichkeit hat sich verändert, der Protagonist ist ein völlig neuer Mensch. An der Uni hatte Ostermann biblische Texte und deren filmische Entsprechungen behandelt – die Auferstehungsszene wurde mit dem ersten Teil der “Matrix”-Reihe (1999) deutlich gemacht.

Gegen Ende von “Matrix I” wird die Hauptfigur erschossen. Einerseits gibt es dann zwar eine Totenerweckung – das Herz schlägt wieder. Andererseits ist die Figur eine andere: Sie kann beispielsweise Kugeln, die auf sie geschossen werden, aufhalten. “Sie durchbricht die Mauern der Wirklichkeit”, sagt Ostermann. Übrigens: Der Protagonist ist 72 Sekunden tot. Eine Reminiszenz an die drei Tage zwischen Tod und Auferstehung Jesu.

Doch zurück zu Mel Gibson: Der zweite Teil der “Passion Christi”, für den im August die Dreharbeiten beginnen sollen, trägt den Titel “The Resurrection” – und behandelt wohl das Geschehen zwischen Tod und Auferstehung Jesu. Das ist das, was die christliche Tradition als “Höllenfahrt Jesu” kennt, das Glaubensbekenntnis aber nur in einem Satz abhandelt – “hinabgestiegen in das Reich Todes”. Lederle und Ostermann erwarten das Ergebnis mit gemischten Gefühlen.