UK 3/2016 Amtsbezeichnung (Seite 5: „Ohne Mitra und Hirtenstab“, Kommentare)
Historisch betrachtet ist gegen die Bezeichnung „Bischof/Bischöfin“ natürlich gar nichts einzuwenden.
Von „episkopoi“, woraus der deutsche Begriff „Bischof“ entstand, ist neben den „diakonoi“ schon in der Adresse des Philipperbriefes die Rede; vermutlich handelt es sich, in Übernahme einer im griechischen Vereinswesen üblichen Bezeichnung, um Menschen, die in der Gemeinde mit Finanzangelegenheiten befasst waren.
Auch in den später verfassten Briefen an Timotheus und Titus ist von „episkopoi“ die Rede; hier bezeichnet der Titel eines der gemeindeleitenden Ämter, allerdings fast ohne Unterschied zu den „presbyteroi“. Um die Mitte des 2. Jahrhunderts fordert Ignatius von Antiochia, es dürfe in einer Gemeinde „nichts ohne den episkopos“ geschehen; es entsteht also die Vorstellung, dass es in einer Gemeinde nur einen episkopos („Bischof“) geben soll, der vielleicht auch schon im Sinne der späteren Entwicklung in der (römisch-)katholischen Kirche als „monarchischer Bischof“ zu verstehen ist.
Was würde es bedeuten, wenn in der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) aus der/dem „Präses“ die Bischöfin/der Bischof würde? Jedenfalls wäre es, verglichen mit den Bischofsverfassungen innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland, sehr ungewöhnlich, wenn der/die Amtsinhaber/in nicht nur die Leitung des geistlichen Amtes innehätte, sondern wenn sie unverändert auch die Vorsitzende der Landessynode und die Präsidentin des Landeskirchenamts wäre. Es sollte zumindest sorgfältig geprüft werden, ob sich diese, aus der jüngeren westfälischen Kirchengeschichte gut begründete Regelung, aufrechterhalten ließe. Es würde also vermutlich nicht nur um eine veränderte „Amtsbezeichnung“ (Titel) gehen, sondern um eine Änderung der Verfassungsstruktur der EKvW.
Gibt es eigentlich einen konkreten Grund oder zumindest einen Anlass, nach 70 Jahren westfälischer „Präses-Verfassung“ einen neuen „Titel“ einzuführen? Ist denn die ja unverwechselbare Bezeichnung „Präses“ plötzlich „unverständlich“ geworden?
Dass „Die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen“ das die Landeskirche leitende Amt innehat, ist doch eindeutig erkennbar. Bei dem Titel „Bischöfin“ könnte zumindest „von außen“ gefragt werden, ob sie den Landes-Bischöf/innen gleichgestellt ist oder nicht. Dass Erzbischof (nicht, wie es in der Bildunterschrift heißt: Bischof) Reinhard Marx auf dem in UK abgedruckten Foto „sofort als kirchlicher Amtsträger zu erkennen“ ist, trifft natürlich zu. Aber welche Konsequenzen sind aus diesem Sachverhalt zu ziehen?
Ich meine, dass kein Anlass und schon gar kein Grund besteht, die für Westfalen charakteristische Bezeichnung „Präses“ aufzugeben.
Andreas Lindemann, Bielefeld
(Anmerkung der Redaktion: Andreas Lindemann war Professor für Neues Testament an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal/Bethel)
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