Union und SPD haben sich auf einen Kompromiss beim Wehrdienst verständigt. Der katholische Militärbischof hält das Konzept für sinnvoll, nimmt aber auch die Gesellschaft als Ganzes in die Pflicht.
In der Debatte um die Wehrpflicht hält der katholische Militärbischof Franz-Josef Overbeck den Schritt hin zu einer verpflichtenden Musterung für sinnvoll. “Vor dem Hintergrund der verschärften Sicherheitslage und der derzeit zu geringen Personalstärke der Bundeswehr sehe ich die Notwendigkeit, den Aufwuchs der Truppe glaubwürdig zu gewährleisten”, sagte Overbeck am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin.
Am Donnerstag hatten nach Wochen des politischen Ringens CDU, CSU und SPD eine Einigung in Sachen Wehrdienst erzielt. Demnach sollen zunächst alle jungen Menschen ab 18 Jahren zu Eignung und Motivation befragt werden; für junge Männer soll die Beantwortung verpflichtend sein. Ab 2027 sollen dann sukzessive junge Männer ab dem Jahrgang 2008 verpflichtend gemustert werden.
Ihm scheine zudem ein guter Weg, sagte der Militärbischof, “dass der Schwerpunkt weiterhin auf der Werbung um Freiwillige liegt und der Dienst so attraktiv wie möglich gestaltet werden soll – etwa mit Blick auf Entlohnung und zusätzliche Qualifizierungsangebote”.
Sollte das freiwillige Dienstmodell nicht ausreichen, soll nach dem Willen von Union und SPD ein neues Gesetzgebungsverfahren angestoßen werden, um die Wehrpflicht wieder einzuführen. Falls über eine sogenannte Bedarfswehrpflicht zu viele Männer potenziell infrage kämen, sieht der Kompromiss der Koalition offenbar auch die Möglichkeit eines Losverfahrens vor. Dann würden die Männer, die verpflichtend eingezogen werden, per Los bestimmt. Zugleich sieht der Kompromiss eine Stärkung der Freiwilligendienste um 15.000 weitere Stellen vor.
Eine Pflicht zum Wehrdienst stelle stets einen Eingriff in die Freiheitsrechte dar, räumte der Bischof von Essen ein. “Sie wäre nur dann legitim, wenn trotz aller Bemühungen die freiwillige Rekrutierung nicht ausreicht und der Bundestag in einem demokratischen Verfahren über eine Bedarfswehrpflicht entscheidet.”
Elemente wie ein Losverfahren, die mit erheblichen Gerechtigkeitsproblemen einhergehen, dürften nur als ultima ratio zur Anwendung kommen, fügte Overbeck hinzu. “Selbstverständlich schützt weiterhin Artikel 4 des Grundgesetzes alle Menschen davor, gegen ihr Gewissen zum Dienst an der Waffe gezwungen zu werden.”
Ausdrücklich begrüßte der katholische Militärbischof alle politischen und gesellschaftlichen Maßnahmen, die die zivilen Freiwilligendienste ausbauen und stärken. “Denn eine zentrale Erkenntnis der Zeitenwende ist doch die Folgende: nicht nur die Armee, die ganze Gesellschaft muss resilient sein. Wir brauchen eine starke Zivilgesellschaft, die für unsere Werte und Freiheitsrechte einsteht und sie lebendig hält.”
Weiter sagte der Bischof: “Es geht darum, unsere Demokratie zu verteidigen, um eine freie, menschliche Lebensweise zu erhalten. Es geht um Recht und Gerechtigkeit, Freiheit und Solidarität – und darum, dass Menschen ein gerechtes und gutes Leben in Würde führen können.” Diese Aufgabe stelle sich allen Bürgern, nicht nur der jüngeren Generation. In allen Debatten um Wehrhaftigkeit müsse immer sehr deutlich werden: “Ziel ist es, einen gerechten Frieden zu bewahren und notfalls auch verteidigen zu können, damit wir als freie Gesellschaft weiterleben.”