Zum Abschluss ein Konklave – der britische Kardinal Vincent Nichols erreicht die Altersgrenze von 80 Jahren und scheidet aus dem Kreis der Papst-Wähler aus. Seine Amtstracht tauschte er auch mal gegen ein Trikot.
Dass Fußball und Kirche irgendwie zusammengehören, lässt sich nur wenig leugnen. Schon abgedroschen wirkt die Parabel vom Fußball als (Ersatz-)Religion zur eigentlichen Religion, dem Christentum, das durch die Kirche verbreitet wird.
Wie eng diese Verflechtung zwischen Liebe zum Sport und kirchlichem Sendungsauftrag auf personeller Ebene werden kann, verkörpert kaum jemand so überzeugend wie der englische Kardinal Vincent Nichols, der am Samstag (8. November) seinen 80. Geburtstag feiert.
Nichols, der als Erzbischof von Westminster dem wichtigsten Bistum des Vereinigten Königreichs vorsteht, hat sein Herz schon in der Kindheit an einen der führenden Fußballvereine des Landes verloren, den FC Liverpool. Mit seiner Liebe zum Verein kokettiert der Kirchenmann auch gerne offen, etwa bei einer Veranstaltung zum Thema Glaube und Fußball vor zwei Jahren im legendären Wembley-Stadion, wo er einen Vortrag hielt – nicht im Priesterornat, sondern im Liverpooltrikot. Erfreulich für Nichols, dass die Trikotfarbe der “Reds” gut zu seiner gleichfarbigen Kardinalstracht passt.
Eine passende Weisheit zum Thema Fußball und Kirche hatte der Kardinal dabei natürlich auch parat: “Wir unterstützen nicht eine Mannschaft, weil sie erfolgreich ist. Wir unterstützen eine Mannschaft, weil wir dort hingehören, weil wir dieses Zugehörigkeitsgefühl haben. Und das ist eine dieser Tugenden, die sich Fußballfans und gläubige Menschen teilen.”
Nichols wurde am 8. September 1945 in Crosby geboren, einem Vorort der Hafenstadt Liverpool im Merseyside County. Der Sohn eines Lehrerpaares soll sich schon in jungen Jahren zum Geistlichen berufen gefühlt haben und wechselte bereits 1963 an das Englische Kolleg für Priesteramtskandidaten in Rom. 1969 empfing er die Priesterweihe für das Erzbistum Liverpool, 1992 wurde er für die Erzdiözese Westminster in London zum Bischof geweiht. Mit damals 46 Jahren war er der jüngste Bischof im Vereinigten Königreich.
Im Jahr 2000 führte ihn sein Weg nochmal aus London heraus: Papst Johannes Paul II. ernannte ihn zum Erzbischof von Birmingham. In der mittelenglischen Millionenstadt engagierte Nichols sich vor allem für den interreligiösen Dialog mit Muslimen und den durch indische und pakistanische Einwanderung stark vertretenen Sikh. Auch setzte er den Heiligsprechungsprozess für den jüngst zum Kirchenlehrer erhobenen englischen Kardinal John Henry Newman (1801-1890) maßgeblich in Gang.
Gleichzeitig musste er sich in seiner Funktion als Erzbischof erstmals mit dem Thema Missbrauch beschäftigen. Nach seinem Wechsel auf den erzbischöflichen Stuhl von Westminster im Jahr 2009 wurde ihm selbst Fehlverhalten im Umgang mit beschuldigten Priestern vorgeworfen. Negativ wurde ihm in diesem Zusammenhang eine Äußerung in einem Fernsehinterview nach einem Missbrauchsbericht ausgelegt. Darin machte er zwar deutlich, dass Täter zur Rechenschaft gezogen werden müssten, merkte aber auch an, dass der Bericht in Bezug auf die Beschuldigten “alle guten Dinge, die sie taten, überschatte”.
Von Franziskus 2014 zum Kardinal erhoben, war Nichols in den vergangenen Jahren noch an einigen hochkarätigen liturgischen Anlässen beteiligt. Dazu zählen die Trauerfeiern für Königin Elizabeth II. (2022) sowie für die Päpste Benedikt XVI. (2023) und Franziskus (2025), die Krönung von Charles III. (2023) – bei der er als erster katholischer Bischof seit der Reformation eine Rolle spielte, indem er den neuen König segnete – sowie zuletzt die Papstwahl Leos XIV. und der Besuch von König Charles III. im Vatikan.
Im Mai gehörte Nichols auch zu den Teilnehmern der Papstwahl – gerade noch, denn ab 80 Jahren erlischt das Wahlrecht eines Kardinals. Im Vorkonklave, der Zeit zwischen dem Tod des Papstes und dem Beginn der eigentlichen Papstwahl, ließ der Engländer mit seiner Vorstellung vom neuen Kirchenoberhaupt aufhorchen. Wer immer aus dem Konklave hervorgehe, könne “kein zweiter Franziskus sein”, sagte er der Zeitung “La Repubblica”. “Ich höre niemanden, der sich so präsentiert”, berichtete er aus den Gesprächen der Kardinäle. Franziskus habe dank individueller Stärke, geistiger Klarheit und Entschlossenheit das umgesetzt, woran er geglaubt habe. “Nicht jeder Papst kann so etwas tun.”
Ob Nichols eine Rolle bei der Wahl von Robert Francis Prevost zu Leo XIV. gespielt hat, ist nicht sicher. Als Erzbischof von Westminster nimmt er allerdings eine zentrale Stellung beim sogenannten Commonwealth-Treffen am Rande des Vorkonklaves ein, bei dem sich Kardinäle aus dem Vereinigten Königreich, Malta, Indien, Australien, Westafrika und Kanada versammeln.
Nichols eigener Name tauchte auf keiner Buchmacherliste für die Franziskus-Nachfolge auf. Doch mehrere Sportportale in England sprangen offenbar dank ihm auf die Berichterstattung zum Konklave auf. Die Schlagzeile: “Wird ein Liverpool-Fan der neue Papst?” Mit Leo XIV. sitzt nun jedoch ein US-amerikanischer Baseballfan auf dem Stuhl Petri. Wann dieser über das mit 75 Jahren übliche Rücktrittsgesuch von Nichols als Erzbischof entscheiden wird, bleibt abzuwarten.