Güstrow. Langsam wird es schummrig im Güstrower Dom: Licht spenden einige Leuchter und viele Kerzen. Es riecht nach Holz. Geräuschvoll steigen die ersten Besucher der Güstrower Kunstnacht über fünf Metallstufen oder eine schiefe Ebene auf den neuen Zwischenboden, der im gesamten Mittelschiff über den Bänken eingezogen wurde. "Sie betreten das Podest auf eigene Gefahr", mahnen schwarze Buchstaben an den drei Aufgängen. Zur Eröffnung gibt ein Liedermacher hier drei kürzere Konzerte.
Die neue Zwischenebene befindet sich etwa 1,50 Meter über dem Fußboden des Doms auf einem Metallgerüst. Sie ist Teil der Kunstaktion "Güstrow schwebt", die noch bis zum 14. Oktober dauert. Dann werden die Holzplatten wieder abgebaut. Zu ihr gehören auch vier Abendveranstaltungen auf dem Podest, die Kunst und Kulinarik vereinen sollen. Jeweils um 19 Uhr nehmen 120 Menschen an Sechser-Tischen Platz und erleben ein Programm mit Pop, Theater, Kabarett, geistlichem Impuls und einem Drei-Gänge-Menü.
Kosten gehen in die Millionen
Am Sonntag, 7. Oktober, werden ein kostenloses Konzert und am 7. und 14. Oktober kreative Gottesdienste auf dem Podest angeboten. Außerdem kann der Dom täglich von 10 bis 17 Uhr kostenlos besichtigt werden.
Mit "Güstrow schwebt", so Gemeindepastor Christian Höser, wolle die 2.250 Mitglieder zählende evangelische Domgemeinde ihre Freude mit anderen darüber teilen, dass der Backsteinbau nach über 15 Jahren nun im Wesentlichen restauriert und für alle Besucher einladend offen ist.
Die letzte große Domsanierung im neugotischen Stil ist 150 Jahre her. Etwa 3,25 Millionen Euro sind nach Angaben des Kirchenkreises Mecklenburg seit 2002 in die Restaurierung der 1335 geweihten, dreischiffigen Basilika geflossen.
Der Titel der Aktion kommt nicht von ungefähr, denn der Güstrower Dom beherbergt Ernst Barlachs bekannte Bronzeplastik "Schwebender". Und wer auf einem Stuhl auf dem Holzboden Platz nimmt, befindet sich tatsächlich auf Augenhöhe mit dem "Schwebenden". Die Skulptur hängt im nördlichen Seitenschiff zwölf Meter von der Zwischenebene entfernt. In dessen Gesicht können die Besucher allerdings nicht blicken. Doch durch die Pfeiler hindurch ist Barlachs Kunstwerk von der Seite gut sichtbar.