Die Zeichen stehen auf Sparen beim Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ), dem Freiwilligen Ökologischen Jahr, den Bundesfreiwilligendiensten sowie dem Internationalen Freiwilligendienst. In diesem Jahr liegen die Bundesmittel für die Dienste noch bei 326 Millionen Euro. 2024 sollen es 78 Millionen Euro weniger sein. Fast ein Viertel der Förderung würde ausbleiben.
Allein in Baden-Württemberg engagieren sich jährlich rund 18.000 Freiwillige. Sollten die Kürzungen wie angekündigt umgesetzt werden, würde das im Südwesten den Verlust von 4.500 Plätzen bedeuten. Der Landesarbeitskreis FSJ Baden-Württemberg – ein Zusammenschluss der 38 baden-württembergischen FSJ-Träger – spricht sich vehement gegen die Streichungen im Freiwilligendienst aus. Dessen Vorsitzender Dietrich Hartlieb erklärt dem epd: „Freiwilligendienste sind bereits unterfinanziert, und nicht jeder Platz wird angemessen gefördert. Die Sparmaßnahmen gefährden unsere Bemühungen, den Freiwilligendienst auszubauen und attraktiver zu gestalten.“
Hartlieb ist auch Abteilungsleiter Freiwilligendienste bei der Diakonie Baden. Die vermittelt jährlich rund 900 Freiwillige in ihre Einsatzstellen und Einrichtungen. Sollte es zu den geplanten Kürzungen der Bundesregierung kommen, gehe er davon aus, dass die Diakonie die Zahl auf etwa 600 im Jahr 2024/2025 reduzieren müsste, sagt Hartlieb. Das stünde im Widerspruch zur Aussage der Politik, dass sich junge Menschen mehr sozial engagieren sollen, findet er.
Eine Kürzung der Freiwilligendienste würde zudem zu einer weiteren Verschärfung des Fachkräftemangels im sozialen Bereich, insbesondere in der Pflege und in Kitas, beitragen. „Die Folgen sind bereits jetzt in unseren Einsatzstellen spürbar“, sagt Hartlieb. Die helfenden Hände der Freiwilligen fehlten zum Beispiel in den Kitas beim Spielen, in den Seniorenheimen beim Vorlesen, in den Krankenhäusern bei der Essensausgabe und in den Behindertenheimen beim Ankleiden.
Als „katastrophales Zeichen“ beurteilt man die Kürzungspläne beim katholischen Caritasverband für Stuttgart. Irgendwann würden soziale Einrichtungen eher auf geringfügig Beschäftigte zurückgreifen als auf Freiwillige, so die Leiterin des Freiwilligenzentrums Caleidoskop, Ulrike Holch. Denn die seien verfügbar – und zudem preiswerter.
Beim Paritätischen Baden-Württemberg – einem der sechs großen Wohlfahrtsverbände im Südwesten – würden von den derzeit rund 2.800 Plätzen in den Freiwilligendiensten etwa 700 entfallen, sollten die Pläne der Bundesregierung umgesetzt werden. Unmittelbar zu spüren bekämen das die Klienten der Einrichtungen, sagt Uta-Micaela Dürig, Vorstand Sozialpolitik des Paritätischen. Das ohnehin schon belastete Fachpersonal in den Einrichtungen müsste mit weniger Unterstützung bei Tätigkeiten auskommen, die keine fachliche Qualifikation, aber Zeit erfordern – wie Spielen oder Spazierengehen.
Weitaus größer und nachhaltiger seien die Auswirkungen der Kürzungspläne auf die gesamte Gesellschaft. „Wir befürchten, dass dadurch weniger junge Menschen einen sozialen Beruf ergreifen, was den Fachkräftemangel in der Sozialwirtschaft massiv verstärken würde“, sagt Dürig. 70 Prozent der Freiwilligen könnten sich nach einem freiwilligen Jahr vorstellen, in der Sozialen Arbeit oder im Gesundheitswesen zu arbeiten.
Auch Natur- und Tierschutzverbände warnen vor den geplanten Streichungen. Der Landestierschutzverband Baden-Württemberg würde Kürzungen eigenen Angaben zufolge vor allem im Rahmen des Freiwilligen Ökologischen Jahres zu spüren bekommen. Davon profitierten derzeit hauptsächlich einige der ihm angegliederten Tierheime. „Da dort grundsätzlich jede helfende Hand dringend benötigt wird, wäre eine Stellenstreichung ein erheblicher Verlust“, hieß es auf epd-Anfrage.
Der NABU Baden-Württemberg beschäftigt gegenwärtig knapp 20 Freiwillige. „Rund ein Drittel weniger Finanzmittel bedeuteten mindestens sechs Freiwillige weniger – und damit weniger Führungen und umweltpädagogische Angebote, weniger Hilfsmöglichkeiten für verletzte Vögel, weniger helfende Hände, um die wertvollen Schutzgebiete mit ihrer enormen Artenvielfalt zu erhalten“, so der Verband.