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Israel kündigt Landenteignung für archäologische Stätte an

Sebastia war einst Hauptstadt des israelischen Nordreichs. Jetzt soll die Stätte im gleichnamigen palästinensischen Dorf enteignet werden. Nicht das erste Mal, dass historische Stätten für Siedlungspolitik herhalten.

Israel will ein Landstück bei Sebastia zur archäologischen Zone deklarieren. Damit würde das Land einer Nutzung durch die dort lebenden Palästinenser entzogen. Die israelische Friedensorganisation Peace Now spricht in einer Stellungnahme von Mittwoch von der “größten jemals verzeichneten Landenteignung für Altertümer” im von Israel besetzten Westjordanland. Israel begründet das Vorhaben unterdessen mit der Erhaltung und Entwicklung der archäologischen Stätte und ihrer Öffnung für die Öffentlichkeit. Betroffene Eigentümer haben 14 Tage Zeit, Einspruch zu erheben.

Sebastia wird als das Samaria des Alten Testaments identifiziert, das ab 876 vor Christus unter König Omri die Hauptstadt des Nordreichs Israel war. Entsprechend ist die Stätte von großer Bedeutung, vor allem für heutige israelische Siedlerbewegung. Die Stätte umfasst auch Überreste aus der Zeit des römischen und byzantinischen Reiches, der Kreuzfahrerstaaten sowie anderen Epochen.

Das zur Enteignung vorgesehene Land gehört laut der israelischen Zivilverwaltung für die besetzten palästinensischen Gebiete zu den palästinensischen Dörfern Burqa und Sebastia.

Betroffen wären laut Peace Now an Wohnhäuser grenzende Privatgrundstücke mit Tausenden von Olivenbäumen. Demnach hat die israelische Regierung umgerechnet bereits rund 8,4 Millionen Euro für die Erschließung der Stätte bereitgestellt. Die Organisation wirft Israel vor, im Bemühen um Kontrolle und Siedlungsausbau im nördlichen Westjordanland “offen gegen das Völkerrecht zu verstoßen”. Die archäologische Stätte im Dorf Sebastia hätte gemäß den Osloer Verträgen an die palästinensische Verwaltung übergeben werden müssen.

Peace Now verweist auf fünf weitere bekannte Fälle von Landenteignungen zur Erschließung archäologischer Stätten seit 1967, die bisher größte davon mit 28,6 Hektar in Susya. In Sebastia geht es demnach um knapp 180 Hektar. “In allen Fällen wurden die Enteignungen offiziell als im öffentlichen Interesse liegend definiert, führten in der Praxis jedoch zum Ausschluss der Palästinenser von den Standorten”, so Peace Now. Dies sei ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht, das Enteignungen im öffentlichen Interesse nur zulasse, wenn sie den Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung dienten.