Israels Luftwaffe hat Hunderte Ziele im Libanon angegriffen, die Hisbollah-Miliz feuert Raketen: Internationale Appelle für ein Ende der Eskalation im Nahen Osten verhallen auf beiden Seiten.
Israel hat seine Angriffe auf die libanesische Hisbollah-Miliz in der Nacht zu Sonntag weiter verstärkt. Die proiranische Miliz beschoss laut örtlichen Medienberichten den Norden Israels mit Raketen. Zuvor hatte sich bei einer Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrats in New York gezeigt, dass die diplomatischen Fronten verhärtet sind.
Seit Samstag attackierte die israelische Luftwaffe Hunderte Ziele im Libanon. Dabei seien eine Vielzahl von Raketen-Abschussrampen und “terroristische Infrastruktur” zerstört worden, teilte ein Armeesprecher mit. Die Angriffe sollten fortgesetzt werden, hieß es.
Von den Dutzenden Hisbollah-Raketen wurde den Berichten zufolge in der Nacht der größte Teil abgefangen, vereinzelt gab es Einschläge. So wurden nahe Haifa zwei Häuser getroffen. Meldungen über Opfer der gegenseitigen Angriffe gab es zunächst nicht.
Die deutsche Bundesregierung bekundete angesichts der Eskalation große Sorge. “Die Auseinandersetzung zwischen Israel und der Hisbollah darf nicht zu einem regionalen Flächenbrand werden”, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Samstag. Viele unschuldige Zivilisten seien im Libanon verletzt oder getötet worden. Weite Teile der Bevölkerung, die mit der Auseinandersetzung nichts zu tun hätten, lebten in Angst und Schrecken. Hebestreit forderte eine diplomatische Lösung.
Unterdessen stürmten israelische Soldaten das Büro des arabischen Senders Al Dschasira im Westjordanland und ordneten dessen Schließung an. Grundlage sei ein gerichtliches 45-tägiges Sendeverbot, sagte ein Soldat in einem Al-Dschasira-Bericht. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bezeichnete die Erstürmung als willkürlichen Schlag gegen die Pressefreiheit. Für die behauptete Gefährdung von Israels Sicherheit durch Al Dschasira gebe es keine Beweise.
Am Freitag hatte UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk die Sprengangriffe durch manipulierte Pager und Funkgeräte vergangene Woche im Libanon. Das humanitäre Völkerrecht verbiete den Einsatz von Sprengfallen, die als harmlose Gegenstände getarnt seien, sagte er bei einer Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrats in New York. Türk prangerte die Wahllosigkeit der Angriffe an, die tausende Personen getroffen hätten.
Bei den Explosionen am Dienstag und Mittwoch wurden im Libanon laut Türk mindestens 37 Menschen getötet, darunter zwei Kinder, und mehr als 3.400 verletzt. Offenbar richteten sie sich gegen die Hisbollah-Miliz. Diese macht Israel für die Manipulation ihrer Geräte verantwortlich. Vonseiten Israels gab es bisher keine Stellungnahme zu den Angriffen.
Der libanesische Außenminister Bou Habib warf Israel während der Dringlichkeitssitzung des Weltsicherheitsrats Terrorismus vor und warnte vor der Gefahr eines großen Krieges in Nahost. Der UN-Sicherheitsrat müsse Israel zwingen, seine “Aggression” einzustellen.
Israels UN-Botschafter Danny Danon verwies derweil auf die monatelangen Raketenangriffe der Hisbollah gegen Israel. Dabei seien Dutzende Menschen getötet worden. Israel werde alles tun, “um diese Terroristen ins Visier zu nehmen”. Sein Land bevorzuge jedoch eine diplomatische Lösung.
Im Weltsicherheitsrat, dem wichtigsten Gremium der Vereinten Nationen, waren die Meinungen gespalten. Die Vertreter der USA, Großbritanniens und Frankreichs betonten das Recht Israels auf Selbstverteidigung gegen die Angriffe der Hisbollah. Der US-Vizebotschafter bei den Vereinten Nationen, Robert Wood, forderte zugleich alle Akteure in der Region zur Zurückhaltung auf.
Die Botschafter Russlands und Chinas verurteilten hingegen das Vorgehen Israels. Der russische Vertreter sprach von einer “barbarischen Attacke” und einem Terrorangriff.