Zum zehnjährigen Bestehen verweist die Initiative ProQuote Film auf einige Erfolge im Kampf um Parität der Geschlechter und Diversität. Doch sie sieht weiter große Defizite – und stellt Forderungen an die Politik.
Die Initiative ProQuote Film wirft Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) Ignoranz vor gegenüber dem Anliegen, für mehr Gleichberechtigung und Diversität in der Filmbranche zu sorgen. “Leider wird unsere Forderung im neuen Filmfördergesetz von Kulturstaatsministerin Claudia Roth, mit dem die Chance bestünde, eklatante Missstände per Gesetz zu beheben, konsequent ignoriert, was uns auf die Barrikaden treibt”, beklagte die preisgekrönte Dokumentarfilmerin Uli Decker (“Anima – Die Kleider meines Vaters”) vom Vorstand der Initiative im Interview des KNA-Mediendienstes.
Um tatsächlich etwas in der Film- und Fernsehlandschaft zu ändern, brauche es ein Gesetz, fügte sie hinzu: “Frau Roth verpasst gerade eine historische Chance.” Ein Vorbild könne etwa Österreich sein, das gerade mit einem Punktesystem experimentiere: Wer Parität und Diversität beachte, bekomme dort für das nächste Filmprojekt bei der Förderung Punkte gutgeschrieben.
So ein System könne Anreize schaffen, erklärte Decker weiter: “In Deutschland wird die Diskussion aber abgeschmettert, was daran liegen könnte, dass in der Kommission, die über das neue Gesetz berät, in erster Linie Produzenten sitzen. Sie argumentieren, dass Filme von Frauen weniger gesehen werden und entsprechend weniger Geld bekommen sollten. Damit bestärken sie ein strukturelles Problem, und am bestehenden System ändert sich nichts.”
Zehn Jahre nach Gründung der Initiative würden Regisseurinnen, Schauspielerinnen, Autorinnen und Kamerafrauen immer noch im Schnitt 35 Prozent weniger verdienen als Männer in den entsprechenden Berufen. Die Differenz (“Gender Pay Gap”) liege damit weit über dem Durchschnittswert aller Branchen in Deutschland. Zudem gingen gerade einmal 25 Prozent der Gelder aus der Filmförderung an Projekte von Frauen.
Immerhin würden zentrale Rollen im Kino inzwischen häufiger mit Frauen besetzt, ergänzte die Filmemacherin. Allerdings würden diese immer noch zu oft klischeehaft dargestellt: “Insbesondere in der zweiten Lebenshälfte werden sie stereotyp besetzt, wenn sie denn überhaupt vorkommen. Sogar schon ab Mitte 30 verschwinden Frauen mehr und mehr von Leinwand und Bildschirm. Mit 50 gehen für die meisten die Lichter komplett aus.”
Ohne eine Quote werde sich wenig ändern, mahnte Decker: “Nur ab einem bestimmten Prozentsatz in bestimmten Positionen können Frauen und bisher unterrepräsentierte Gruppen eine neue Kultur prägen.” Dass eine Selbstverpflichtung dagegen nicht besonders effektiv sei, sehe man etwa in der Wirtschaft: “Erst eine Quote macht es möglich, dass sich althergebrachte Machtverhältnisse verändern.”