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In der Diskussion: Nathalie Eleyths EKBO-Rede und ein Gastbeitrag

Um die Rede der Rassismusforscherin Nathalie Eleyth und einen Gastbeitrag des EKBO-Synodalen Reinhard Zöllner wird weiter gestritten. Hier finden Sie Zuschriften von Leserinnen und Lesern.

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Auf dieser Seite haben die Leserinnen und Leser das WortImago / Shotshop

“Die Diskreditierung finde ich befremdlich”

Es ist im höchsten Maße irritierend, dass der Kollege Zöllner von seinen eigenen wissenschaftlichen Erkenntnissen so wenig Gebrauch macht. Als Professor für Japanologie und spätestens seit seiner Gastprofessur in Michigan müssten ihm die gängigen Rassismustheorien geläufig sein, wie sie hierzulande auch zur Anwendung kommen.

Sie alle gehen von Rassismus als einer gesellschaftlichen Struktur aus, die alle Individuen in einer Gesellschaft affiziert (wenn auch auf sehr unterschiedliche Weise) – insofern ist es richtig, dass (auch) Weiße in dieses System eingebunden sind. Nichts anderes hat Eleyth gesagt, und ihre Analyse repräsentiert den State of the Art in diesem Forschungsfeld. Prof. Zöllner wendet es moralisch, indem er behauptet, Eleyth hätte gesagt, jeder weiße Mensch sei ein Rassist.

“Er spricht nicht als Wissenschaftler”

Auch die Diskreditierung der Critical Whiteness Studies (CWS), wie sie Prof. Zöllner betreibt, finde ich befremdlich, da ich solcherlei Unterstellungen (CWS seien ideologisch und sektenhaft) eher aus akademisch schlecht informierten Kreisen kenne.

Zöllners Kritik an der Vortragsweise der Referentin (sie sei aggressiv gewesen, und dies hätten „viele Synodale“ so empfunden), während die Weißen im Raum freundlich gewesen seien, macht vollends deutlich, dass Zöllner hier nicht als Wissenschaftler spricht, sondern als weißer Mann, der sich nicht nur durch Eleyths Vortrag, sondern nicht minder durch ihre spezifische Präsenz angegriffen fühlte.

Dieses Verhalten ist nicht ungewöhnlich für Weiße, die sich wenig oder gar nicht selbstkritisch mit Rassismus auseinandergesetzt haben. Ob ein solcher Beitrag wie der von Zöllner den sachlichen Diskurs befördert, bezweifle ich, für eine Seminarsitzung zum Thema „Weiße Abwehrstrategien“ mag er dienlich sein.
Dr. Eske Wollrad, Hannover

 

“Völlig unqualifizierter Gastbeitrag”

Die selbstkritische Beschäftigung der Landessynode der EKBO mit Rassismus in der Kirche ist historisch. Die drei Vorträge dazu und der Beschluss „Auf dem Weg zu einer rassismuskritischen Kirche“ wären meines Erachtens einen ausführlichen und qualifizierten Bericht wert gewesen.

Statt den Positionen der Synode und der Referent*innen of Color gibt die evangelische-zeitung.de einem thematisch völlig unqualifizierten Gastbeitrag eine Plattform, der sich offensichtlich in einer Abwehrhaltung gegen das Thema Rassismus befindet und versucht, eine der eingeladenen Referent*innen und damit auch die einladende Landessynode zu beschädigen.

“Kein rassismusfreier Raum”

Dieser Vorgang ist kein Qualitätsmerkmal für dieses Portal. Die Redaktion hätte zumindest die Richtigkeit der Aussagen von Herrn Zöllner überprüfen müssen. Ich möchte hier nicht die Falschaussagen wiederholen, aber vielleicht so viel: Frau Eleyth hat darauf hingewiesen, dass auch die Kirche in den rassistischen Machtverhältnissen dieser Welt steht und daher nicht als rassismusfreier Raum gelten kann. Das entspricht sehr wohl den wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Pfarrerin Christina Biere, oikos-Institut für Mission und Ökumene, Dortmund

 

“Große Fragezeichen ausgelöst”

der in der Evangelischen Zeitung erschienene Text „Natalie Elyths Rede bei der EKBO: Synodaler kontert Kritik“ hat sehr große Fragezeichen an die Qualität der Berichtserstattung ihrer Zeitung bei mir ausgelöst. In meinem Bekanntenkreis und in meinem beruflichen Umfeld diskutieren wir dies heute Vormittag intensiv. Ich wende mich heute an Sie, um Ihnen diese Bedenken und Fragen mitzuteilen.

Wie Sie sicherlich wissen, kostet es marginalisierte Menschen (Menschen of Color, queere Menschen etc.) sehr viel Mut und Kraft, sich öffentlich in Kirche zu äußern und Diskriminierung anzusprechen. Die Redebeiträge von Frau Eleyth und Frau Konrädi bei der Synode der EKBO haben auch bei uns in Dortmund große Sympathie und Respekt ausgelöst. Nun lesen wir einen einzelnen Gastbeitrag von Herrn Zöllner bei Ihnen auf der Homepage und möchten gerne wissen:

1. Ist es Usus bei der Evangelischen Zeitung, dass Herr Zöllner zu synodalen Redebeiträgen Gegenbeiträge auf Ihrer Homepage veröffentlichen darf?
2. Hat Herr Zöllner auch schon in der Vergangenheit Gegenbeiträge veröffentlicht und wird er dies auch in Zukunft auf ihrer Plattform machen?
3. Hat die Evangelische Zeitung die von Herrn Zöllner behaupteten Zitate überprüft (etwa, dass viele Synodale den Vortrag von Frau Eleyth als aggressiv empfunden hätten oder dass Frau Elyth nicht wissenschaftlich gesprochen hätte?)?
4. Wie gehen Sie mit den von Herrn Zöllner aufgestellten Vorwürfen „In der Tat hat das, was Frau Eleyth darbot, mit Wissenschaft nicht viel zu tun.“ um? Unterstellen Sie der Evangelischen Kirche von Berlin, auf ihrer Synode eine Wissenschaftlerin eingeladen zu haben, die dann einen Vortrag gehalten habe, der mit Wissenschaft nichts zu tun habe?
5. Wie gehen Sie als Evangelische Zeitung damit um, dass Sie nun in Ihrer Zeitung einer Meinung Platz geboten haben, die einer Person of Color Diffamierung und Sektenbildung unterstellt? Haben Sie in Ihrer Zeitung den Text von Herrn Zöllner diskutiert und warum haben Sie sich für die Veröffentlichung entschieden? Nach welchen Kriterien haben Sie sich als Evangelische Zeitung nun für die Veröffentlichung des Textes entschieden?

Carolin Daubertshäuser
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Kirchenkreis Dortmund