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Ich war’s nicht…

zum 11. Sonntag nach Trinitatis: 2. Samuel 12, 1-7a.9-10.13-15a

Predigttext
1 Der Herr schickte Natan zu David. Als er zu ihm kam, erzählte er ihm eine Geschichte: „Zwei Männer lebten in einer Stadt. Der eine war reich, der andere arm. 2 Der Reiche hatte sehr viele Schafe und Rinder. 3 Der Arme aber hatte nichts als ein kleines Lamm. Das hatte er sich gekauft und aufgezogen. Es wuchs bei ihm heran, zusammen mit seinen Kindern. Es aß von seinem bisschen Brot, trank aus seinem Becher und schlief in seinem Schoß. Es war für ihn wie eine Tochter. 4 Eines Tages kam ein Reisender zu dem reichen Mann. Und es war üblich, ein Essen für den Gast zuzubereiten, der zu ihm gekommen war. Doch der reiche Mann wollte seinen Besitz schonen und keines von seinen Schafen und Rindern nehmen. Deshalb nahm er das Lamm des armen Mannes. Das bereitete er zu und setzte es dem Gast vor, der zu ihm gekommen war.“ 5 David wurde sehr zornig über den Mann und sagte zu Natan: „So gewiss der Herr lebt! Ein Kind des Todes ist der Mann, der das getan hat! 6 Und das Lamm muss er vierfach ersetzen –zur Strafe dafür, dass er das getan hat und das Lamm des Armen nicht verschonte.“ 7 Doch Natan entgegnete David: „Du bist der Mann! 9 Warum hast du das Wort des Herrn verachtet? Warum hast du getan, was er verurteilt: Den Hetiter Urija hast du mit dem Schwert getötet und dann seine Frau geheiratet. Ja, du hast ihn durch das Schwert der Ammoniter aus dem Weg geräumt. 10 So soll jetzt das Schwert für alle Zeit gegen dein Haus gerichtet sein – zur Strafe dafür, dass du mich verachtet hast: Du hast dir die Frau des Hetiters Urija genommen und sie zu deiner Frau gemacht. 13 Da bekannte David vor Natan: „Ich habe Unrecht getan gegenüber dem Herrn!“ Und Natan antwortete David: „Der Herr sieht über deine Schuld hinweg, sodass du nicht sterben musst. 14 Doch der Sohn, der dir geboren ist, muss sterben. Denn du hast den Herrn dadurch verhöhnt, dass du ein solches Unrecht begangen hast.“ 15 Und Natan ging nach Hause. (BasisBibel)

Ich war’s nicht.“ – Das höre ich häufiger, wenn ich auf einer Konfifahrt frage, wer denn den Schrank auf dem Vier-Bett-Zimmer beschädigt hat.

„Ich war’s nicht“ – sagte (im übertragenen Sinn) auch Kain zu Gott, als der nach dem von Kain getöteten Bruder Abel fragte. Es scheint also ein urmenschlicher Reflex zu sein, nicht zu dem zu stehen, was man gemacht hat.

Zur Schuldeinsicht gehört vor allem ein Bewusstsein für das, was „richtig“ und „falsch“ ist. Das bekommen wir in der Regel von unseren Eltern, Lehrerinnen und Lehrern, Erzieherinnen und Erziehern, Familie und Freunden mitgegeben – und hoffentlich von Menschen unserer christlichen Gemeinden.

Werte wie in den Zehn Geboten

Unser „richtig“ und „falsch“ speist sich zu einem großen Teil aus einem Wertekonsens, der in der Bibel verankert ist – in so großen Texten wie den Zehn Geboten oder der Bergpredigt.

Wie gut, wenn wir Menschen wie Natan haben, die sich trauen, uns klar vor den Kopf zu sagen, wenn wir Unrecht tun. Im klaren Bewusstsein dafür, wie schmal manchmal der Grat zwischen Moral und Recht ist. Wir brauchen Menschen, die keine Mittäterinnen oder Mittäter sind, sondern Unrecht als Unrecht benennen. Der Prophet Natan war so ein Mensch.

Hätte Natan David nicht mit seiner Tat konfrontiert – hätte David sich selber zu dieser Schuld bekannt? Oder hoffte er schlicht, ungeschoren davonzukommen?
Oder meinte er, dass er als König besondere Privilegien genießt?
Natan macht ihm deutlich: Auch ein König darf sich nicht einfach nehmen, was er will.

Nur weil man Intendantin einer Rundfunkanstalt ist, kann man sich nicht das Büro edelsanieren und private Abendessen dienstlich abrechnen. Recht und Ordnung gelten auch für einen (ehemaligen) Präsidenten der USA.

Gott ist manchmal der Ferne

Es scheint so, dass Natans Worte bei David ankommen. Er bekennt seine Schuld. Das Wunderbare: Gott erweist sich dann als ein gnädiger Gott. Sagt aber auch nicht: Es ist alles wieder gut. David muss mit dem Tod seines Sohnes büßen. (Gott ist manchmal auch eben der Ferne und Unverständliche…)

Einmal habe ich es auch erlebt, dass ein Mensch von mir eine Absolution zugesprochen bekommen wollte – ein persönlich zugesagtes: Deine Schuld ist dir vergeben. Um dann die Erleichterung von Vergebung spüren zu können.
Ich weiß nicht, wie erleichtert David letztlich war, der zwar seine Schuld vergeben bekommen hatte, aber mit dem Tod seines Sohnes leben muss.

Ich muss Gott nicht immer verstehen, manchmal sind da mehr Fragen als Antworten. Doch zumindest nehme ich mit: Wir sind im Auftrag Gottes als aufrechte Menschen gefragt: Wer zu seinen Fehlern und zu seiner Schuld steht, der braucht Rückgrat – ohne Rückgrat verlieren wir unsere Glaubwürdigkeit.