Hamburg. „Du hast den Farbfilm vergessen, mein Michael. Nun glaubt uns kein Mensch, wie schön es wa-ha-ha-ha-r“, schmettern Pastor Matthias Liberman und Gemeindesekretärin Angela Händler in der Epiphanienkirche Winterhude. Mit buntem Hut, Regenbogenfliege und Blumenkette um den Hals singen sich die beiden für den Schlagergottesdienst am Freitag, 1. Juli, um 19 Uhr warm.
„Es ist ein Gottesdienst, der eigentlich nach den klassischen Regeln funktioniert“, erklärt Liberman. Nur eben mit ganz viel Musik. Gloria, Kyrie, Segen, Predigt – für alles wird es einen Schlager geben. Gefeiert wurde diese Art des Gottesdienstes schon vor der Corona-Pandemie. „Die Idee ist aus einer Sektlaune heraus entstanden. Unter anderem mit meiner Gemeindesekretärin.“
Anlass schnell gefunden
Mit dem Schlagermove war der Anlass schnell gefunden. „Ich finde nach wie vor, dass doch die Aufgabe eines Pastors ist, an Menschen heranzukommen und eine gute Botschaft auszurichten“, sagt Liberman. Und wenn bei einer Veranstaltung wie dem Schlagermove viele Menschen zusammenkämen, dann gehöre genau da ein Schlagergottesdienst hin. Das Evangelium dort zu verkünden und auch zu leben, falle da leicht, sag Liberman und verweist auf die ausgelassene Stimmung.
„Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“ sei ein Gloria. „Eine klassische Auferstehungsbotschaft“, so der Theologe. Wenn Liberman beginnt, biblische Botschaften in Schlagern zu finden, ist er kaum zu bremsen. „Wir sind vom selben Stern“, „Merci für die Stunden, Cheri“, „Wunder gibt es immer wieder“. „In Schlager gibt es beides. Das Traurige und das Fröhliche. Aber das Fröhliche überwiegt. Und das ist es doch, was wir in den Kirchen vermitteln wollen“, so Liberman. Das gelte umso mehr für eine Zeit, in der Corona, Krieg, steigende Energiepreise die Menschen sorgenvoll in die Zukunft blicken lassen. „Unsere Aufgabe ist es, diesen Sorgen etwas entgegenzusetzen. Und wenn wir das möglich machen können: Hossa und Amen.“
Doch muss Kirche bei bei allem mitmachen? „Kirche muss gar nichts, nur sich treu bleiben“, sagt Liberman. Für ihn bedeute das, Menschen zu erreichen. Und wenn das Schlager sind und die Möglichkeit besteht, sei da doch eine Verbindung. „Ich könnte zum Beispiel keinen Motorradgottesdienst feiern, weil ich selbst nicht Motorrad fahre. Aber ich finde es gut, dass es den gibt, weil es Menschen gibt, die ihren Glauben in ihrer Gemeinschaft leben wollen. Meine Aufgabe ist es, das zur Sprache zu bringen, was Menschen beschäftigt.“
Im Leben abgeholt
Wenn sich Menschen dann über so eine Predigt ärgern würden, darüber aber ins Gespräch kämen, sei das doch auch toll, so Liberman. „Es gibt Leute, für die ist genau dieser Gottesdienst der richtige. Wenn auch bestimmt nicht für jeden“, räumt er ein. Auch wenn er selbst privat weniger Schlager höre, auf Feiern durchaus gerne. „Sie erzählen in ihren Texten von allen menschlichen Sehnsüchten. Von Liebe, heiler Welt, Beziehung – das finde ich erst mal gar nicht verwerflich.“
Von wegen seicht!
Und Menschen müssten in ihrer Lebenswirklichkeit abgeholt werden. Denn: „Wer bin ich, dass ich kritische Urteile über Schlager hörende Menschen fällen dürfte, nur weil ich persönlich lieber Bach in der Kirche höre“, fragt Pastor Liberman. „Ich finde das nicht angemessen.“ Angemessen sei, Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. „Wenn zwei oder drei zusammengehören, dann sollen die gern unter einem Segen das feiern.“
WAS: Schlagergottesdienst zum Schlager-Move
WANN: Freitag, 1. Juli, um 19 Uhr
WO: Epiphanienkirche, Großheidestraße 44, in Hamburg