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Historikerin: Kaiserin Sisi war weder beliebt noch volksnah

Die “Sissi”-Filme gehören fest zu Weihnachten. Doch das Bild der beliebten, emanzipierten Kaiserin Sisi ist ein Trug, sagt Historikerin Katrin Unterreiner. Auch zu Neuverfilmungen des Stoffes hat sie eine klare Meinung.

In Ernst Marischkas “Sissi”-Filmen erscheint die ehemalige Österreichische Kaiserin Elisabeth (Sisi) als strahlende und sympathische Heldin. Dieses Bild ist aus Sicht der Kunsthistorikerin Katrin Unterreiner jedoch weit entfernt von der Realität. “Sisi war weder herzlich noch beliebt noch volksnah”, sagte die österreichische Wissenschaftlerin der “Süddeutschen Zeitung” (Donnerstag).

Ebenso hält Sisi (1838-1898) als Vorbild für Emanzipation und Frauenrechte dem historischen Vergleich laut Unterreiner nicht stand. “Sie erwartete, dass Frauen die Rolle spielen, die ihnen von der Natur und der Gesellschaft zugedacht war”, so die Historikerin und ehemalige Kuratorin im Wiener Sisi-Museum. “Sie war gegen Bildung von Frauen, Frauen sollten sich nicht in die Politik einmischen.”

Dass die Kaiserin hingegen ein recht selbstbestimmtes Leben leben und wie bezeugt auch intensiv sportlichen Aktivitäten nachgehen konnte, habe sie einzig ihrem Mann Kaiser Franz Joseph zu verdanken, “der das tolerierte”, erklärte Unterreiner. “Vor allem hat dieser Mann ihr mondänes Leben anstandslos finanziert, das Unsummen verschlungen hat.”

Durch die spätere Rezeption entstandende Gerüchte, dass Sisi ihr Mann lästig gewesen sei, entsprächen hingegen nicht der Wahrheit, sagte Unterreiner, die mehrere Bücher über das Leben der Kaiserin verfasst hat. Tatsächlich habe das Paar eine für die Zeit und ihre Schicht ungewöhnlich gute und harmonische Ehe geführt. “Sie haben sich regelmäßig gesehen und geschätzt, schrieben sich sehr liebevolle Briefe.”

Nach dem Tod der Kaiserin in Folge eines Attentats durch den italienischen Anarchist Luigi Lucheni in Genf sei die öffentliche Anteilnahme eher gering gewesen, so Unterreiner. Der Sisi-Mythos sei erst später mit Marischkas Filmen entstanden. “Kein Mensch würde von Sisi reden, hätte es Romy Schneider nicht gegeben. Elisabeth spielte historisch keine bedeutende Rolle.” Aus Sicht der Kunsthistorikern seien die Filme aus den 1950er zwar mit Klischees und Unwahrheiten über das Leben der Kaiserin gefüllt, jedoch immer noch akurater als viele Neuverfilmungen der vergangenen Jahre. “Die sind noch weiter von der Realität entfernt als die guten alten ‘Sissi’-Filme mit Romy Schneider.”