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Hinter Roms Klostermauern überrascht nicht nur die Stille

Jenseits von Petersdom und Kolosseum suchen Romreisende auch Orte fern vom Massentourismus. Die liegen meist weitab vom Zentrum, oft sind es Klöster. Manche davon sind Oasen nicht nur für die Seele.

Wer das Zentrum Roms mit seinem Verkehrschaos und den Touristenmassen Richtung Süden verlässt und bereit ist, für Sehenswürdigkeiten “aus der zweiten Reihe” Zeit zu investieren, wird schon auf dem Aventin-Hügel gleich südlich vom historischen Zentrum fündig. Dort steht die größte vor-mittelalterliche Kirche Roms, die durch Nüchternheit und Klarheit imponierende Basilika Santa Sabina. Hier hat der Dominikaner-Orden seinen Hauptsitz, und schon früh um sieben können die Gläubigen dort das Morgenlob der ganz in Weiß gekleideten Patres mitbeten.

Wenige hundert Meter davon entfernt liegt die römische Zentrale des Benediktinerordens, die Abtei Sant’Anselmo mit Hochschule, Kirche und Kloster. Hier studieren und praktizieren Theologen und Theologinnen aus allen Erdteilen die Feinheiten der katholischen Liturgie. Sant’Anselmo ist auch der Sitz des “Abtprimas” der Benediktiner-Abteien weltweit. Lange Zeit war das der im April dieses Jahres verstorbene deutsche Ordensmann Notker Wolf.

Noch bevor man den umfriedeten Bereich des Klosterhofes von Sant’Anselmo betritt, kündigt ein Werbeplakat in grellen Farben eine weitere Attraktion an: Den Klosterladen. Ähnlich wie in vielen Klöstern im deutschsprachigen Raum, wird auch in diesem Klosterladen vom handgeschnitzten Kruzifix bis zum mönchsgebrauten Klosterbier vieles angeboten, was Pilger gerne mit nachhause nehmen. Dass im Aventin-Laden nicht nur Klosterprodukte im engeren Sinn angeboten werden, merkt der Bierkenner spätestens dann, wenn er auf einen Sechserpack Benediktiner Weissbräu stößt. Das Weizenbier kommt zwar benediktinisch daher, ist aber ein Produkt der Bitburger Privatbrauerei in Deutschland.

Ein klösterliches Einkaufsparadies der besonderen Art findet sich wenige Kilometer weiter südlich im größten und bekanntesten Benediktiner-Konvent Roms. Es gehört zur Papstbasilika Sankt Paul vor den Mauern. Ihr Besuch zählt nicht nur in Heiligen Jahren zum Pflichtprogramm vieler Rompilger.

Um den Klosterladen zu finden, muss man einmal um die riesige Basilika herumgehen und sich nahe an den Klausurbereich der Mönche heran wagen. Neben den “üblichen” Klosterprodukten wie Likören, Schokoladen und Andachtsbildnissen findet sich hier auch eine überraschend reiche Auswahl an kosmetischen und pharmazeutischen Produkten. Alle Produkte sind, wie ein Blick auf den Kassenzettel zeigt, von der italienischen Mehrwertsteuer ausgenommen, und die ist beachtlich: Der Höchstsatz liegt bei 22 Prozent.

Doch die Abtei genießt, so wie viele andere kirchliche Gebäude in Rom, aufgrund der Lateranverträge von 1929 den Status der “Exterritorialität”. Die italienische Polizei hat hier kein Zutrittsrecht, und von dem, was hier an Gewinn erwirtschaftet wird, muss nichts ans staatliche Finanzministerium abgeführt werden. Dass die Preise dennoch verhältnismäßig hoch sind, hat einen anderen Grund: Die Einnahmen dienen unter anderem dem Unterhalt der Ordensmänner. Denn die profitieren, anders als Bischöfe und Pfarrer, nicht von der italienischen “Kultus-Steuer” in Höhe von 0,8 Prozent der Einkommenssteuer.

Wie eng der Zusammenhang zwischen selbst Erarbeitetem und wirtschaftlichem Überleben sein kann, zeigt sich in einer weiteren Abtei im Süden Roms. Gleich neben zwei vierspurigen Ausfallstraßen gelegen, ist die Trappistenabtei Tre Fontane (Drei Brunnen) das vielleicht am schwersten zu erreichende kirchliche Kleinod Roms. Wer die versteckte Abfahrt nicht kennt, wird mehr als einmal daran vorbeifahren.

Auch in Tre Fontane führt nach dem Durchschreiten der äußeren Klostereinfassungsmauern eine baumbestandene Allee zum eigentlichen Klausur- und Kirchenbereich. Wieder gibt es Hinweisschilder zum Klosterladen. Das Trappistenbier, das dort und in einer kleinen Gastwirtschaft angeboten wird, ist tatsächlich echtes Klosterbier. Es ist das elfte weltweit anerkannte Trappistenbier und das einzige, das in Italien hergestellt wird. Die Abgabemenge ist wegen der begrenzten Braukapazitäten streng limitiert, mehr als einen Karton pro Person darf niemand mitnehmen. Ähnlich begrenzt sind die Mengen des angebotenen Olivenöls – ebenfalls aus klostereigener Produktion.

Neben Touristen kommen vor allem Pilger und Menschen, die Stille suchen, nach Tre Fontane; das Gästehaus ist oft ausgebucht. Der Ort mit den drei Quellen hat offenbar eine starke religiöse Ausstrahlung, denn das Gelände beherbergt gleich mehrere Ordenskonvente. Und in der Kirche der Trappisten singen die Mönche von Tre Fontane und einige Trappistinnen aus Vitorchiano mit päpstlicher Sondergenehmigung gemeinsam das Stundengebet. Wer sich rechtzeitig einfindet, wird in den Bereich nahe am Chor eingelassen und kann morgens, mittags und abends mitbeten.