Der Dachboden der evangelisch reformierten Kirche in Stapelage bei Lage ist Reinhard Anters Zuhause. Zumindest für die Zeit, in der er neue Spiele austüftelt. Bisher hat der 83-Jährige über 80 Spiele erfunden. Diese werden nicht nur vom CVJM für Jungschartage und Freizeiten gebucht. Auch Schulen aus der Region leihen sich seine Erfindungen regelmäßig aus.
Sein Ziel: den anderen eine Freude zu machen
Ob Luftballonplatzen, Wurfpyramide oder Röhrenschießen: Die meisten Kinder in Lippe haben schon einmal mit einer seiner Erfindungen gespielt, ohne seinen Namen zu kennen. Anter selbst stört das nicht, denn „es ging mir nie darum, mich selbst zu verwirklichen, sondern anderen eine Freude zu machen“, erzählt er.
Das Engagement für andere hat wohl seine Mutter in ihm geweckt, wie er erzählt. Geboren wurde Anter am 6. August 1933 in Langseifersdorf, im ehemaligen Schlesien. Dort wuchs er auf einem Bauernhof im Eulengebirge auf. Er sei, so sagt er heute, „mit Träumen groß geworden, aber vor allem mit der Liebe meiner Mutter“.
1946 wurde die Familie vertrieben. Er erinnert sich noch genau daran, wie die Familie im Morgengrauen in Detmold mit dem Zug ankam. 1949 machte er eine Lehre als Zweiradmechaniker.
Zwei Dinge hätten ihn in dieser Zeit geprägt, erinnert sich Anter. Das war zum einen der TUS Müssen-Billinghausen, wo er Handball gespielt habe. Das andere prägende Moment sei gewesen, „dass mich die Kinder zum CVJM mitgenommen haben“.
Ab 1951 begann Anter Aufgaben beim CVJM zu übernehmen, der damals noch zwischen dem Programm für Jungen und Mädchen trennte. Während er die Arbeit mit den Jungen übernahm, lernte er seine zukünftige Frau kennen, die für die Mädchengruppenarbeit verantwortlich war. Seit 1959 sind die beiden verheiratet und wohnen nur einen Steinwurf von der Kirche entfernt.
Durch die CVJM-Arbeit seine Frau getroffen
Dass er auch Spiele-Erfinder wurde, sei ein Zufall gewesen. Einmal kamen Mitarbeiter auf Anter zu, weil sie ein neues Spiel für den nächsten Jungschartag suchten. „Dann habe ich angefangen zu tüfteln“, erinnert sich Anter. Herausgekommen ist dabei die Luftballonplatzmaschine. Ein Spiel, das „heute noch viele begeistert“, wie sich der Erfinder freut.
„Bis manche dieser Spiele fertig sind, dauert es zwei Jahre“, beschreibt Anter den Tüftler-Prozess. Unzählige Stunde hat er damit verbracht, Spiele zu entwickeln, um sie dann in Eigenarbeit herzustellen. Der rüstige Senior hat sich aber auch in anderen Bereichen engagiert. Für seine Unterstützung eines Kindergartens in Ghana erhielt Anter vor zehn Jahren das Bundesverdienstkreuz.
Der Einschnitt kam durch eine missglückte Augenoperation vor drei Jahren. Seitdem fällt Anter alles schwerer. „Ich kann nicht mehr lesen und schreiben“, erklärt er. Nachdem bei ihm der Graue Star diagnostiziert wurde, unterzog er sich der Operation. Eigentlich ein Routineeingriff, wie Anter berichtet. Danach erhielt er die Diagnose, dass die Verbindung zwischen Auge und Gehirn nicht mehr funktioniere.
Seitdem ist nichts mehr wie es war. Anter darf nicht mehr Auto fahren. Auch kann er die Quittungen nicht mehr lesen, die er bei der Ausgabe der Spiele erstellen muss. Aus gesundheitlichen Gründen nimmt er keine neuen Anfragen mehr an und versorgt nur noch seine bisherigen Stammkunden.
Er nimmt keine neuen Anfragen entgegen
Trotz der großen Einschränkungen strahlt Anter Zuversicht aus: Er sei dankbar, dass seine Frau ihn so umsorge. „Ohne meine Frau könnte ich das alles nicht“, sagt er. Der 83-Jährige bleibt überzeugt: „Dass man auch im Altern anderen Freude bereiten kann.“