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“Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim” als Animationsfilm

Die “Herr der Ringe”-Filme von Peter Jackson sind längst Kult – genau wie die Buchvorlage von J.R.R. Tolkien. Doch funktioniert das Ganze auch als Animationsfilm? Der dann auch an den Geschlechterollen dreht?

Über die Interpretation von Eowyn, der Nichte des Königs von Rohan, in Peter Jacksons dreiteiliger Verfilmung von J.R.R. Tolkiens “Herr der Ringe” lässt sich streiten. Die von Miranda Otto gespielte Figur war weicher und verletzlicher angelegt als die spröde Heldin der Vorlage. Das machte sie zugänglicher, dämpfte aber auch die walkürenhafte Grandezza der Buch-Eowyn, die in ihrem großen Moment dem Obersten der Ringgeister noch kühn ins Gesicht lacht, bevor sie ihm den Garaus macht.

Der vom Japaner Kenji Kamiyama inszenierte Animationsfilm “Herr der Ringe: Die Schlacht der Rohirrim” ist nun so etwas wie die Wiedergutmachung für alle Walküren-Freundinnen. Auch hier ist Eowyn mit von der Partie; sie fungiert – in der Originalfassung wieder von Miranda Otto gesprochen – als Erzählerfigur im Off und präsentiert eine bedeutsame Episode aus der Geschichte ihres Landes Rohan in einer Version, die, wie sie selbst zu Anfang einräumt, so “nicht in den Büchern” zu finden ist. Kein Heldenepos, sondern ein Heldinnenepos.

In dessen Zentrum steht eine gewisse Hera, Tochter des Königs Helm Hammerhand, der der aus “Herr der Ringe: Die zwei Türme” bekannten Festung Helms Klamm den Namen geliehen hat. Von der ersten Sequenz des Films an, in der sie Auge in Auge mit einem gewaltigen Adler ihre Kühnheit demonstriert, ist klar, dass man es hier mit einer Kriegerin zu tun hat, deren Grandezza nichts zu wünschen übriglassen wird.

Auslöser für die kriegerische Eskalation in der Geschichte ist eine missglückte Brautwerbung: Hera will lieber ledig bleiben, und König Helm lehnt ebenfalls ab. Es kommt zum Streit und zum Kampf und schließlich auch zum Verrat, der König Helm und seine Truppen beträchtlich schwächt. Jetzt ist es an Hera – und da weichen die Autoren von Tolkiens Vorlage ab -, mit ihrer Umsicht, ihren Führungsqualitäten und schließlich auch ihrer Reit- und Schwertkunst das Überleben ihres Volkes und ihrer Sippe zu sichern. Die Festung, die später als Helms Klamm in die Geschichte eingehen wird, wird zur Zuflucht – oder zur Todesfalle?

Wenn der Kampf um Helms Klamm seinen Lauf nimmt, werden die Fans von Jacksons Filmen diverse Deja-vu-Erlebnisse haben: Die Storyline weist zahlreiche Parallelen zu der von “Die zwei Türme” auf. Das lässt sich im Kontext der Filmerzählung zwar durchaus rechtfertigen – was man hier zu sehen bekommt, ist schließlich explizit als Eowyns Version der Rohan-Historie etikettiert. Und mischen Erzähler nicht häufiger eigene Erfahrungen in ihre Geschichten? Es sorgt aber auch dafür, dass sich der Plot ohne große Überraschungen abrollt.

Zum Glück hat das Ganze trotzdem genug inszenatorischen Wumms, um über die stolze Laufzeit von über zwei Stunden gepflegte “High Fantasy”-Unterhaltung zu bieten. Was nicht zuletzt mit der visuellen Gestaltung zu tun hat. “Die Schlacht der Rohirrim” kommt als verwegenes Bastardkind zweier Anmationsstile daher.

Und während Hera, Helm Hammerhand und das Volk von Rohan eindrucksvoll so Gestalt annehmen, als wären sie die Verkörperung heroischer Fantasien, die die Erzählerin Eowyn in die ihr vertrauten Stätten und Landschaften hineinprojiziert, hätte die Gestaltung der Antagonisten etwas mehr Fingerspitzengefühl vertragen können.

Dass Kenji Kamiyama und sein Team Tolkiens Zeichnung der Dunländer (braune Hautfarbe, dunkle Haare, Primitivlinge) mehr oder weniger übernehmen und die Exotisierung entlang alter Südländer-Klischees aus dem Kolonialzeitalter noch verstärken, indem sie sie mit den aus “Die Rückkehr des Königs” bekannten Kriegs-Olifanten der Haradrim in die Schlacht ziehen lassen, wirkt ziemlich vorgestrig – auch wenn die riesigen Rüsseltiere zugegebenermaßen für einige spektakuläre Action-Highlights sorgen.

So weit hat die Sensibilisierung der Macher dann wohl doch nicht gereicht, dass sie auch die Bösewichter umfassen könnte. Bleibt die Freude daran, dass immerhin dem weiblichen Heldentum nichts schuldig geblieben wird. Wer war nochmal Helm Hammerhand? Egal: Nach “Die Schlacht der Rohirrim” ist klar, dass Helms Klamm fortan Heras Klamm heißen sollte.