Von Christine Süß-Demuth (epd)
Das ist Frühling, eigentlich: Die Vögel zwitschern, Blumen und Sträucher blühen, die Sonne scheint. Doch dieses Jahr ist alles anders: Wegen der Corona-Pandemie verbringen die Menschen ihre Zeit zu Hause. Viele sind unsicher, gestresst oder haben Angst.
Vielen wird erst in diesen Tagen schmerzlich bewusst, wie gut ein Ausflug in die Natur eigentlich tut. Um Stress abzubauen, sei ein Spaziergang, besonders im Wald, sehr effektiv, bestätigt die Karlsruher Naturpädagogin Daniela Schneider: "Grün wirkt beruhigend und heilend auf uns." Wenn man seine Aufmerksamkeit auf die sinnliche Wahrnehmung der Natur lenke, verlangsame sich der Herzschlag, der Blutdruck sinke, Körper und Geist entspannten.
Der österreichische Biologe und Sachbuchautor Clemens Arvay rät darum, die Möglichkeit zu Naturspaziergängen gerade in Corona-Zeiten zu erhalten: "Es wäre fatal, Menschen jetzt in urbanen Ballungsräumen festzusetzen."
"Gehen Sie nur dann an die Öffentlichkeit, wenn Sie unbedingt müssen. Es sei denn, Sie gehen alleine im Wald spazieren", appellierte der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) Mitte vergangener Woche. Sport und Bewegung an der frischen Luft bleiben in Deutschland auch weiterhin erlaubt, aber nur mit Mitgliedern des eigenen Haushalts oder höchstens zu zweit.
Blumen und Pflanzen können Schmerzen lindern
Die heilsamen Wirkungen der Natur lassen sich aber auch gut zu Hause erleben – nicht nur beim Blick ins Grüne bei geöffnetem Fenster. Auch Zimmerpflanzen oder der bunte Frühlingsstrauß in der Vase hellen die Stimmung auf. Wer die eigene Wohnung nicht verlassen dürfe, könne das Zimmer, die Fensterbank oder den Balkon zum Gärtnern nutzen, etwa für die Anzucht von Kräutern, rät Birgit Steininger, Professorin an der Wiener Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). In ihrer Heimat Österreich gelten bereits seit einer Woche Ausgangsbeschränkungen, "Spaziergänge sind aber noch erlaubt".
Die therapeutischen Wirkungen von Pflanzen sind wissenschaftlich erforscht: Laut einer Studie mit Krankenhauspatienten könnten grüne Pflanzen und Blumen im Zimmer sogar Schmerzen lindern, sagt Gartentherapeutin Steininger. Drei Tage nach einer Blinddarmoperation hätten sie weniger Schmerzmittel gebraucht und einen niedrigeren Puls und Blutdruck gehabt als Patienten in Räumen ohne Pflanzen. Außerdem fühlten sie sich weniger müde und ängstlich. Eine weitere Krankenhausstudie habe positive Effekte selbst dann festgestellt, wenn der Blick nur aus dem Fenster ins Grüne fällt statt auf eine Wand.
Körper und Geist reagierten nicht nur positiv auf Blumen und Pflanzen, sondern auch auf Wasser und sichtbare Horizonte, sagt Steininger: "Erholsame Landschaften begünstigen die Wiederherstellung mentaler Ressourcen." Auch ein Garten reduziere nachweislich den Stress, schaffe eine positive Stimmung, Freude und Zufriedenheit.
Naturpädagogin Schneider empfiehlt außerdem den bewussten Umgang mit Küchenkräutern: Thymian, Salbei, Petersilie und Oregano verströmten nicht nur ein ganz eigenes Aroma, sondern würzten auch Speisen und stärkten damit das Immunsystem. Oder einfach Augen schließen, ein frisches Kräuterblättchen mit den Fingern fühlen, daran riechen, langsam und bewusst kauen.