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Haushaltsloch: Westfälische Kirche berät über Millionenkürzungen

Die Evangelische Kirche von Westfalen berät seit Freitag über einschneidende Sparmaßnahmen, um den in Schieflage geratenen Haushalt zu sanieren. Bis Ende 2027 müssen die jährlichen Ausgaben auf der landeskirchlichen Ebene um knapp 8,8 Millionen Euro verringert werden, um einen ausgeglichenen Etat zu erreichen. Es seien „gravierende Maßnahmen“ zur Stabilisierung und Sanierung des landeskirchlichen Haushalts erforderlich, dies werde Folgen für nahezu alle Handlungsfelder und Arbeitsbereiche haben, sagte der Theologische Vizepräsident Ulf Schlüter am Freitag in Bielefeld vor der westfälischen Landessynode, die am Samstag über die Kürzungen beschließen soll.

Die Kirchenleitung hat einen Maßnahmenkatalog zur Beratung und Entscheidung vorgelegt, der Einsparungen von rund 20 Prozent im Landeskirchenamt in Bielefeld sowie im Bereich der landeskirchlichen Ämter und Werke bringen sollen. Auch Zuschüsse etwa für kirchennahe Institutionen oder Projekte sollen demnach um ein Fünftel sinken. Das Haus Landeskirchlicher Dienste in Dortmund soll als Tagungsort aufgegeben werden, auch die Evangelische Studierendengemeinden soll durch eine Neustrukturierung mit weniger Geld auskommen.

Bei den sieben Schulen der Landeskirche soll der Finanzbedarf für den Trägeranteil in den kommenden Jahren deutlich reduziert werden, dazu sollen Verhandlungen mit Kommunen geführt werden. Erklärtes Ziel ist, die Finanzierung der Schulen zu sichern. Im Raum steht ferner eine Reduzierung des Beitrags für die Kirchliche Hochschule Wuppertal, die gemeinsam mit der Evangelischen Kirche im Rheinland getragen wird. Ungewiss ist auch, ob wie 2023 beschlossen in Bochum eine neue Hochschule für Kirchenmusik gebaut wird, an der klassische Kirchenmusik und kirchliche Popularmusik gemeinsam gelehrt werden – bislang gibt es zwei Standorte.

Die Synode müsse „schwere und schwerwiegende“ Entscheidungen treffen, sagte Schlüter. Es gehe darum, verantwortlich nach neuen Wegen zu suchen, um auch künftig „das Evangelium der Auferstehung Christi zu teilen mit den Menschen des 21. Jahrhunderts“.

Wegen eines Finanzlochs von 14,3 Millionen Euro hatte der Landessynode im vergangenen November kein genehmigungsfähiger Haushalt vorgelegt werden können. Gründe für das große Defizit sind neben der starken Inflation, gestiegenen Energiepreisen und sinkenden Kirchensteuereinnahmen unter anderem höhere IT-Kosten und hohe Tarifsteigerungen. Zudem deckte die neue kaufmännische Buchführung ein schon länger vorhandenes strukturelles Defizit auf.

Durch einen günstigen Tarifabschluss und den Verzicht auf Investitionen wurde das Defizit vorerst auf knapp 8,8 Millionen Euro reduziert. Es betrifft ausschließlich den Allgemeinen Haushalt der landeskirchlichen Ebene, der sich aus einem Anteil von neun Prozent am Kirchensteueraufkommen speist. Die Haushalte der 442 Gemeinden und 26 Kirchenkreise sind von dem Defizit also nicht direkt betroffen.

Auf der Tagesordnung der Synode als oberstes Beratungs- und Entscheidungsorgan der westfälischen Kirche, der gut 1,9 Millionen Protestanten angehören, standen auch die Verabschiedung von Kirchengesetzen und ein Bericht zur interkulturellen Vielfalt in der westfälischen Kirche. Das Thema sexualisierte Gewalt werde bei der nächsten Landessynode im November behandelt, kündigte Schlüter an.

Beim Thema Vielfalt wurde angekündigt, stärker für Diskriminierung in den eigenen Reihen zu sensibilisieren und dagegen vorzugehen, etwa durch ein „Awareness-Konzept“. Die Gemeinden der westfälischen Kirche sollen sich zudem stärker für Menschen mit Migrationshintergrund öffnen. „Wir sind eine Kirche in einer offenen Migrationsgesellschaft“, sagte Landeskirchenrat Albrecht Philipps. In Zukunft werde es noch mehr Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft geben, das sei „ein Segen für unser Land“.