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Hamburgs Antisemitismusbeauftragter Hensel tritt zurück

Stefan Hensel tritt spätestens zum Jahresende zurück. Der Antisemitismusbeauftragte begründet seine Entscheidung mit dem zeitlichen Aufwand – und einem Übergriff auf ihn.

Stefan Hensel will als Hamburgs Antisemitismusbeauftragter zurücktreten
Stefan Hensel will als Hamburgs Antisemitismusbeauftragter zurücktretenWikipedia / Senatskanzlei Hamburg

Stefan Hensel legt sein Amt als Antisemitismusbeauftragter der Stadt Hamburg nieder. „Der zeitliche Aufwand und die anhaltende Konfrontation mit Hass und persönlichen Übergriffen sind im Rahmen eines Ehrenamts für mich nicht mehr vereinbar“, begründete er den Schritt, wie die Gleichstellungsbehörde mitteilte. Die Tätigkeit des Antisemitismusbeauftragten ist organisatorisch der Gleichstellungsbehörde angegliedert.

Hensel werde das Amt als Beauftragter für Jüdisches Leben und die Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus noch bis zur Bestellung eines neuen Antisemitismusbeauftragten wahrnehmen, informierte die Behörde – längstens jedoch bis zum 31. Dezember. Der Senat hatte ihn im Juli 2021 zum Antisemitismusbeauftragten ernannt, um die Bekämpfung von Antisemitismus in der Stadt weiter zu stärken.

Stefan Hensel nach Rücktritt: Das geht an mich ran

In einem auf Instagram veröffentlichten Video sagte Hensel, bis zum Tag des Hamas-Überfalls auf Israel, dem 7. Oktober 2023, sei alles „ziemlich gut“ gelaufen, doch danach „wurden wir von einer Welle von Hass und Hetze und Verleugnung und verbalen, aber auch persönlichen Angriffen erfasst“. Anfangs habe er gedacht, er könne das „wegschieben“ und „unterscheiden“. Mit der Zeit sei ihm das jedoch „immer schwerer gefallen“. Er habe gemerkt: „Das geht immer näher an mich ran, und als Antisemitismusbeauftragter hat man täglich damit zu tun.“

 

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Hensel sagte weiter, dabei sei der Blick auf die positiven Seiten jüdischen Lebens verloren gegangen. Zukünftig wolle er sich mehr „auf diesen Aspekt fokussieren und weniger auf das, was unsere Feinde, was der Hass, was dieser Islamismus, der Rechtsextremismus, der Antisemitismus mit uns macht“.

Am 25. Mai wurde Hensel in Hamburg Opfer eines Übergriffs im Straßenverkehr. Er war im Auto unterwegs und spielte seiner Tochter ein hebräisches Lied vor, wie er nach dem Vorfall berichtete. Die Polizei Hamburg erklärte seinerzeit, ein anderer Verkehrsteilnehmer habe Hensel daraufhin beleidigt und genötigt. Es soll zu einer verbalen Auseinandersetzung mit strafbaren Inhalten gekommen sein. Bei dem Tatverdächtigen habe es sich um einen 57-jährigen jordanischen Staatsangehörigen gehandelt.

Hensel war Ansprechperson bei Antisemitismus

In seiner Funktion war der 1980 geborene Hensel laut Gleichstellungsbehörde zentrale Ansprechperson für alle Hamburgerinnen und Hamburger, die sich mit Anliegen zum Thema Antisemitismus an ihn wandten. Darüber hinaus habe er die Dunkelfeldstudie zum Antisemitismus in Hamburg verantwortet und die Landesstrategie zur Bekämpfung und Prävention von Antisemitismus maßgeblich geprägt.

„Stefan Hensel hat die Sichtbarkeit jüdischen Lebens in Hamburg spürbar gestärkt“, sagte Gleichstellungssenatorin Maryam Blumenthal (Grüne). Seine Arbeit werde der Stadt und dem Senat weiterhin Impulse geben. „Umso bedauerlicher ist es, dass ihn auch die zunehmende Konfrontation mit Hass und Hetze zu diesem Schritt veranlasst haben. Das macht deutlich, wie wichtig der Kampf gegen Antisemitismus bleibt.“

Der Vorsitzende der Gemeinsamen Bund-Länder-Kommission zur Bekämpfung von Antisemitismus und zum Schutz jüdischen Lebens, Felix Klein, sagte auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd), Hensels Leistungen hätten über Hamburg hinaus Wirkung gezeigt. Hensels Haltung, gerade auch unter schwierigen Bedingungen, diene als ein Vorbild für alle, die sich gegen Judenfeindlichkeit einsetzen.