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Gutachten sieht “Klimaziellücke im Gebäudesektor”

Die klimatechnische Sanierung von Gebäuden geht in Deutschland zu langsam voran. Zu diesem Ergebnis kommt ein am Montag in Berlin online vorgestelltes Gutachten des Forschungsinstituts für Wärmeschutz München im Auftrag der Gebäude-Allianz, ein Zusammenschluss von mehr als 30 Umwelt-, Verbraucher- und Unternehmensverbänden.

Der Physiker und Institutsleiter Andreas Holm fordert in dem Gutachten, die aktuelle Sanierungsquote zeitnah zu verdoppeln. Unter anderem müssten öffentliche Förderprogramme erhöht und auf die energetisch schlechtesten Gebäude sowie die Haushalte mit niedrigem Einkommen zugeschnitten werden, heißt es in dem Gutachten.

Zur Effizienzsteigerung in Wohngebäuden schlägt Holm vor, die
Sanierungsrate bis 2031 auf bis zu rund 760.000 Wohneinheiten pro Jahr zu steigern. Die Anzahl an jährlich eingebauten Wärmepumpen müsse linear auf rund 600.000 bis 2025 und auf rund 750.000 bis 2030 gesteigert werden.

Die bislang in der Bundesförderung für effiziente Gebäude festgelegten Maßnahmen reichten nicht aus, um das „Sektorziel bis 2030 zu erreichen“. Der Gesetzgeber sollte sich auf die „ambitionierte und priorisierte Sanierung der schlechtesten Ein- und Zweifamilienhäuser“, den „forcierten Einbau von Wärmepumpen“ und den „Ausbau der Fernwärmenetze“ konzentrieren.

Hintergrund ist der am Montag in Berlin vom unabhängigen Expertenrat vorgestellte Prüfbericht für die Treibhausgasemissionen von 2023. Die Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe, Barbara Metz, sprach von einer „sehr dramatischen Situation“ beim Klimaschutz im Gebäude- und Verkehrssektor. Notwendig sei deshalb ein Sofortprogramm.

Die Sanierungsquote in Deutschland falle zusehend und habe mit 0,7 Prozent einen neuen Tiefstand erreicht, heißt es im Gutachten. Ab diesem Jahr drohen Deutschland laut Umwelthilfe Strafzahlungen auf europäischer Ebene, sollten die Treibhausgasemissionen nicht zurückgehen. Bis 2045 soll das Leben in Deutschland klimaneutral organisiert sein.

Weiter fordert das Gutachten „einen verlässlichen regulatorischen Rahmen“ anstatt „Verantwortungsdiffusion“. Handwerk und Bausektor bräuchten Planungssicherheit. Mit der aktuellen Förderung könnten die Klimaziele nicht erreicht werden. Insbesondere private Eigenheimbesitzer dürften mit den Herausforderungen nicht allein gelassen werden.

Sollte der Klimaschutz im Gebäudesektor „auf die lange Bank geschoben“ werden, drohten innerhalb weniger Jahre „gigantische Mehrkosten“ durch Strafzahlungen und hohe Energiepreise. Energieeffiziente Gebäude seien ein doppelter Gewinn: Sie würden helfen, das Klima zu schützen, und sie entlasteten die Verbraucher, vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen.

Laut Gutachten führt „ein Weiter-So“ im Gebäudesektor zu einer kumulierten Mehremissionsmenge bis 2030 von insgesamt 84 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten. Das seit Anfang 2024 gültige Gebäudeenergiegesetz besagt, dass der Wärme- und Warmwasserbedarf zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt werden muss, wenn eine neue Heizung in Betrieb genommen wird. Für Wärmeerzeuger in Bestandsgebäuden gibt es aber lange Übergangsfristen.