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Gutachten: Saarland braucht bis 2035 jährlich 243 neue Lehrkräfte

Das Saarland muss laut einem Gutachten des Bildungsforschers Klaus Klemm bis 2030 jährlich 358, bis 2035 jährlich 243 neue Lehrkräfte einstellen. Beim Einstellungsbedarf gehe es um den Status quo und nicht um Verbesserungen in der Unterrichtsversorgung, erläuterte der emeritierte Professor der Universität Duisburg-Essen am Freitag. Für die Schüler-Lehrer-Relation habe er die Werte von 2021/22 genutzt. Klemm hat das Gutachten im Auftrag der Arbeitskammer des Saarlandes erstellt.

Kritik äußerte der Bildungsforscher an den Zahlen der Kultusministerkonferenz zu den Geburten im Saarland. So gehe diese von jährlich 8.000 aus, obwohl dieser Wert bereits seit 2022 jedes Jahr niedriger sei. „Woher diese Zahl gewürfelt worden ist, weiß ich nicht“, sagte er. Klemm geht beispielsweise von 6.800 Geburten im Jahr 2030 aus. Das Saarland sei beim Geburtenrückgang im Geleitzug der anderen Bundesländer und auch im Vergleich zu anderen europäischen Ländern.

Je nachdem, wie sich das Lehrkräfteangebot entwickele, könnte sich über alle Bereiche ein ausgeglichenes Bild in der Bilanz ergeben, erklärte Klemm. Das verdecke allerdings, dass es im Bereich der Primarstufe/Förderschule und der Gymnasien einen zum Teil deutlichen Überschuss, jedoch einen Mangel bei den berufsbildenden Schulen gebe. Im Allgemeinen herrsche Mangel in den Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik aufgrund der konkurrierenden Arbeitsmärkte sowie in den Fächern Kunst und Musik.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) im Saarland, Max Hewer, erklärte, dass der Status quo in den nächsten zehn Jahren „unter großen Mühen“ gehalten werden könnte. „Der Status quo ist prekär, der ist nicht gut“, betonte er. Die Personalausfälle an Schulen seien „enorm“, variierten jedoch nach Schulformen.

Kritisch sei zum Beispiel auch, dass Referendare an beruflichen Schulen 1.600 Euro brutto verdienten und damit weniger als ein Auszubildender im dritten Lehrjahr. Auch warb Hewer für einen Seiteneinstieg ohne Referendariat als Mittel, um neue Lehrkräfte zu gewinnen. In diesem Programm würden sie von Anfang an in der Praxis tätig sein und volles Gehalt verdienen. Wer den bisherigen Quereinstieg mit Referendariat nutze, verdiene 1.600 brutto, was für jemanden im Alter von 40 Jahren mit zwei Kindern und einem abzubezahlenden Haus nicht attraktiv sei.

Die Arbeitskammer und die GEW Saarland fordern unter anderem einen strukturellen Lehrkräftepuffer zur Absicherung von Unterrichtsausfällen, bessere Studienbedingungen, um Abbrüche zu verhindern, einen Ausbau der Schulsozialarbeit und mehr nicht-pädagogisches Fachpersonal an Schulen, wie etwa IT-Fachkräfte und Verwaltungspersonal. Die Leiterin der Abteilung Bildungs- und Wissenschaftspolitik der Arbeitskammer, Melanie Blatter, warb zudem für eine transparente Plattform, auf der Interessierte am Lehrerberuf die Bedarfe nach Schulformen und Fächern sehen könnten.