Kaum eine Branche leidet so sehr unter den stark gestiegenen Energiepreisen wie das Bäckerhandwerk. Vor allem Familienbetriebe fürchten um ihre Existenz. Die Umsätze sinken und die Kosten können nicht voll an die Kunden weitergegeben werden.
Ansbach/Würzburg (epd). Lorenz Rager blickt auf eine lange Berufserfahrung als Bäcker zurück. «In den 30 Jahren, seitdem ich die Bäckerei führe, habe ich noch nie so eine Krise erlebt», sagt er. Die Ansbacher Traditionsbäckerei ist seit hundert Jahren in Familienbesitz. «Ich dachte, Corona wäre das Schlimmste gewesen, aber
ich wurde eines Besseren belehrt», sagt der 55-Jährige, der den Betrieb gemeinsam mit seiner Ehefrau Elvira betreibt.
Die Preise hat er in diesem Jahr bereits erhöht, doch eine weitere Anhebung müsse bald folgen. «Die Frage ist: Was kann ich erhöhen? Und was müsste ich erhöhen?» Mit Blick auf die Konkurrenz wie die Lebensmittel-Discounter müsse er abwägen, ob eine Preiserhöhung tragbar sei. «Wir haben generell sehr treue Kunden», betont Rager. Doch auch unter seiner Kundschaft höre er die Sorgen durch die aktuelle wirtschaftliche Lage heraus.
«Das Bäckerhandwerk mit seinen rund 250.000 Beschäftigten steht aktuell in einem Kosten-Tsunami», sagte ein Sprecher des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks dem Evangelischen Pressedienst (epd). Besonders kleine und mittelständische Unternehmen seien existenzbedroht. Über die konkrete Anzahl der Insolvenzen und Betriebsschließungen liegen dem Verband jedoch noch keine Daten vor.
Die Inflation bekommt Lorenz Rager unter anderem in Form gestiegener Rohstoffpreise zu spüren: «Der Mehlpreis hat sich in den letzten Monaten mehr als verdoppelt.» Doch das größte finanzielle Problem stellen die Energiepreise dar. «Ich zahle momentan 5,5 Cent pro Kilowattstunde Gas», sagt der Ansbacher. Er befürchtet eine Verzehnfachung des Preises, sobald sein Vertrag ausläuft.
Die Ansbacher Bäckerei Völklein gibt es bereits seit dem Jahr 1897. Werner Völklein betreibt die Bäckerei gemeinsam mit seiner Frau Karin. «Wir wissen nicht, was im Winter auf uns zukommt», sagt er. In den inzwischen 27 Jahren, seit er das Unternehmen führe, habe es immer Krisen gegeben: «Vom Konkurrenten, der uns direkt vor die Nase platziert wurde, bis hin zur Weltwirtschaftskrise. Aber eine so
schnelle Preissteigerung haben wir noch nie erlebt», sagt der Ansbacher. Er bleibe aber zuversichtlich: «Wir werden auch das schon irgendwie meistern.»
Die von der Bundesregierung beschlossene Gaspreisbremse soll für kleine und mittlere Unternehmen erst ab März 2023 greifen. Nach Ansicht des Bayerischen Handwerkstags (BHT) ist dies deutlich zu spät. «Damit tut sich für viele energieintensive Betriebe des Handwerks eine Entlastungslücke auf», sagt BHT-Präsident Franz Xaver Peteranderl: «Die Gaspreisbremse muss wie für die Industrie auch für unsere Betriebe bereits ab Januar 2023 gelten.» Ebenso sei eine Ausweitung der Härtefallhilfen auf das energieintensive Handwerk erforderlich. Täglich bekomme Peteranderl Zuschriften von Bäckern, aus denen die blanke Existenzangst spreche.
Die Würzburger Bio-Bäckerei Thyen wird seit 1993 von Andreas und Alexandra Thyen geführt. «Mit jeder neuen Lieferantenrechnung kommen neue, höhere Preise», sagt Alexandra Thyen. Die Kosten könne sie nicht komplett auf die Kunden übertragen: «Wir können nicht jede Woche die Preise erhöhen. Wir wollen schließlich, dass unsere Kunden weiterhin zu uns kommen. »Die monatliche Abschlagszahlung für Strom ist von 700 Euro auf 3.000 Euro gestiegen«, sagt die Bäckerin. Gas komme noch hinzu. »Nur mit Stromsparen ist es nicht getan«, sagt sie. Ans Aufhören denkt das Ehepaar dennoch nicht: »Wir wollen nicht aufgeben, wir können nicht aufgeben."