Rostock/Warnemünde. „Mit dem Gottesdienst in der Warnemünder Kirche erreichen wir vor allem Seefahrerfamilien und Freunde. Wir gedenken der verstorbenen Seeleute“, erzählt Seemannsdiakonin Stefanie Zernikow. Außerdem sollen diesmal zwei runde Jubiläen im Mittelpunkt stehen. Zum einen wurde die Deutsche Seemannsmission Rostock am 31. Januar 1991 im Turm der Rostocker Nikolaikirche gegründet, zum anderen am 4. August des gleichen Jahres der Seemannsclub „Hollfast“ im Überseehafen eröffnet.
Durch die Corona-Maßnahmen fühlen sich viele Seeleute an Bord gefangen
Seit September 2019 ist Stefanie Zernikow bei der Seemannsmission Rostock tätig, im August 2020 wurde sie offiziell eingeführt. Ihre Mitarbeiter und sie haben viel zu tun, denn die Lage der Seeleute ist „nach wie vor nicht so berauschend“, schildert die Diakonin. Viele dürfen wegen der Corona-Maßnahmen immer noch nicht von Bord der Schiffe, die im Rostocker Hafen anlegen. „Sie fühlen sich gefangen, wissen meist nicht, wie und wann sie heimkommen“, berichtet die Diakonin. Hinzu komme die Angst vor möglichen Arbeitsausfällen bei Impfreaktionen. Dabei sei es viel gefährlicher, wenn sich ein Seemann mit Corona infizieren würde, meint sie – nicht nur für die Menschen an Bord, sondern auch wirtschaftlich für die Reedereien. So versucht die Deutsche Seemannsmission Rostock, die Seeleute von der Impfung zu überzeugen.
Jeden Tag fahren die Mitarbeiter zu den Schiffen, haben einen mobilen Shop aufgebaut. „Vorher gab es von uns nur das Nötigste, heute bringen wir alles an Bord“, erzählt Stefanie Zernikow. Wichtig seien aber vor allem die Gespräche, die vor der Pandemie oft im Club „Hollfast“ stattfanden. Hollfast heißt so viel wie „festhalten, Stütze geben“. Die Seeleute, die von Bord dürfen und geimpft sind, dürfen dort ausspannen und vor allem den Kontakt zur Heimat und der Familie genießen. Seelsorgerliche Gespräche finden derzeit allerdings meist online statt. Über die Plattform dsm.care können sich die Seeleute jederzeit an die Deutsche Seemannsmission wenden. „Man schreit seine Sorgen ja nicht einfach so über die Gangway“, erklärt Stefanie Zernikow.
Spontan entstanden kreative Ideen
Hauptsächlich sprechen die Rostocker Mitarbeiter der Deutschen Seemannsmission mit den Seeleuten Englisch, „dann kommen Hände und Füße hinzu“, erzählt die Diakonin. „Wenn ein Seefahrer erkrankt und die Verständigung wirklich schwierig ist, organisieren wir Dolmetscher. Denn gerade dabei muss alles verstanden werden.“ Die Not der Seeleute habe sehr zugenommen, auch die Anzahl der Suizide sei gestiegen. Vieles gehe schon über Seelsorge hinaus. Deshalb sind Stefanie Zernikow und ihre Mitarbeiter auch in der psychosozialen Notfallversorgung geschult.
So können sie die Seeleute betreuen und stabilisieren: „Es ist manchmal wirklich harter Tobak.“ Dennoch versuchen die Mitarbeiter, fröhlich zu bleiben. „Als es mit Corona losging, haben wir gesagt: Okay, wir planen alles normal und stellen dann spontan um.“ So entstanden kreative Ideen, die sonst nicht möglich waren: „An Ostern zum Beispiel sind wir mit einem Boot von Schiff zu Schiff gefahren und haben an jedem einen Gottesdienst gefeiert. Das waren ganz tolle Momente.“
Der 32. Seefahrergottesdienst findet am Sonntag, 8. August, um 10 Uhr in und vor der Warnemünder Kirche statt. Mit dabei ist der Shantychor „De Klaashans“. Gleichzeitig wird im Rostocker Stadthafen ein weiterer Gottesdienst gefeiert.