Göttinger Migrationsforscher rechnen damit, dass die geplante EU-Rückführungsrichtlinie mit Blick auf effizientere Abschiebungen „höchst unwirksam“ sein wird. Der Entwurf orientiere sich an den Verschärfungen der deutschen Rückkehrpolitik seit 2015, durch die „ein ineffizientes bürokratisches Monster geschaffen“ worden sei, sagte die Migrationsforscherin Sabine Hess unter Verweis auf einen am Mittwoch veröffentlichten „Faktencheck zu Abschiebungen in Deutschland“.
Die Studie wurde von Mitarbeitern des Instituts für Kulturanthropologie und Europäische Ethnologie der Universität Göttingen erarbeitet. Abschiebungen seien „genuin ineffizient“ und scheiterten oft „aufgrund des bürokratisch aufwändigen Prozesses“, heißt es darin. Die Forscher schlagen vor, die Zahl der Ausreisepflichtigen in Deutschland zugunsten langfristiger Bleiberechte zu senken, auch um die Behörden zu entlasten.
Die Europäische Kommission hatte die geplante Richtlinie im März dem Europäischen Parlament präsentiert. Für die Studie wurde der Entwurf mit Forschungsergebnissen zur deutschen Rückführungspolitik abgeglichen. Die Regelung sieht vor, die Abschiebehaft auf 24 Monate auszuweiten. Zudem sollen Mitwirkungspflichten stärker kontrolliert und sanktioniert werden, etwa indem Migranten dazu beitragen, dass ihr Aufenthaltsstatus geklärt werden kann. In der Bundesrepublik können seit 2019 Menschen inhaftiert werden, wenn sie diesen Pflichten nicht nachkommen.
Die forcierte Rückkehrpolitik verringere die Chance, dass Migranten in ein langfristiges Bleiberecht wechseln können, lautet eine weitere Erkenntnis der Forscher. So würden Menschen, die „vollziehbar ausreisepflichtig“ sind, ohne tatsächlich abschiebbar zu sein, in einem „bürokratisch arbeitsintensiven Zwischenstatus“ festgehalten. Auf diese Weise fördere die Rückkehrpolitik Armutskriminalität und trage nicht zu mehr Sicherheit bei.