Unterschiede im Glauben waren oft Gründe für Kriege. Erst seit einigen Jahrzehnten suchen Religionsführer den Dialog, allen voran der Papst. Wie es dazu kam und was das bedeutet, erörtern derzeit Experten in Rom.
60 Jahre nach der Konzilserklärung zum Dialog der katholischen Kirche mit anderen Religionen hat am Montag in Rom ein internationaler Experten-Kongress begonnen. Unter dem Titel “Towards The Future – Re-Thinking Nostra Aetate Today” debattieren bis Mittwochabend Vertreter zahlreicher Religionsgemeinschaften. Unter den Teilnehmern der Veranstaltung an der Päpstlichen Universität Gregoriana sind Juden, Christen, Muslime, Hindus, Sikhs, Buddhisten und Jains.
Neben einem Rückblick auf 60 Jahre Dialog der Religionen geht es um aktuelle theologische und religionspolitische Herausforderungen. Zwischen Vorträgen und Debatten sind am Dienstagabend und Mittwochvormittag Begegnungen mit Papst Leo XIV. geplant. Der Kongress findet vor dem Hintergrund akuter Spannungen zwischen dem Vatikan und jüdischen Vertretern statt. Sie werfen dem Vatikan vor, nicht angemessen auf das Massaker der islamistischen Hamas an Juden vom 7. Oktober 2023 reagiert zu haben.
Der aus Indien stammende Kardinal George Jacob Koovakad, Leiter der Vatikanbehörde für den interreligiösen Dialog, würdigte zum Auftakt der Tagung am Montagvormittag die Fortschritte, die das Konzilsdokument “Nostra aetate” für das Miteinander der Religionen gebracht habe. Er habe als langjähriger Reisemarschall für Papst Franziskus in vielen Ländern erlebt, wie wichtig und fruchtbar der Dialog der Religionen sei.
Stellvertretend für Kardinal Kurt Koch verlas Pater Norbert Hofmann, Sekretär der Kommission für den religiösen Dialog mit dem Judentum, ein Eröffnungs-Statement. Darin betonte Koch, dass für die Kirche die Beziehung zum Judentum eine ganz besondere sei, die sich von den Beziehungen zu allen übrigen Religionen unterscheide. Er wiederholte den von Papst Johannes Paul II. benutzten Ausdruck, dass die Juden für die Christen die “älteren Geschwister im Glauben” seien.
Elias El Halabi, Experte des Weltkirchenrats, würdigte den Wert des Konzils-Dokuments für den Dialog zwischen Islam und Christentum. Die Erklärung habe das Bewusstsein für die Möglichkeiten der Zusammenarbeit der drei abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam gestärkt. Unter Papst Franziskus sei der Dialog zwischen Islam und Christentum weiter entwickelt worden. Derzeit sehe er die größte Herausforderung darin, aktuelle Tendenzen innerhalb der Glaubensgemeinschaften zu überwinden, die auf Ausschließlichkeit und Gegensätze der Religionen setzten und gewaltsame Konflikte schürten.
Mit der Erklärung “Nostra aetate” vom 28. Oktober 1965 hatte die katholische Kirche ihr Verhältnis zu den anderen Weltreligionen auf eine neue Grundlage gestellt. Sie erklärte damals, dass sie respektiere, was in anderen Religionen wahr und heilig ist. Zugleich verpflichtete sie sich zu Dialog und Zusammenarbeit mit den Angehörigen anderer Glaubensgemeinschaften. Seither gehören Begegnungen zwischen dem Papst und Vertretern anderer Religionen zur Außen- und Friedenspolitik des Vatikans.