Laut einer Studie berichten deutsche Medien vor allem über Tötungsdelikte bei Gewalt gegen Frauen, während alltägliche Gewaltformen selten thematisiert werden. Zudem würden häufig nur spektakuläre Einzelfälle behandelt, heißt es in der am Donnerstag veröffentlichen Studie, die von der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung in Auftrag gegeben wurde. Besonders bei deutschen Tatverdächtigen stehen demnach Einzelfälle im Fokus, während bei Verdächtigen mit Migrationshintergrund oft strukturelle Ursachen betont werden.
Für die Studie hatte die Kommunikationswissenschaftlerin Christine Meltzer im Auftrag der Stiftung 3.172 Beiträge aus deutschen Medienhäusern, darunter das Online-Angebot des „Spiegels“ und die Deutsche Presse-Agentur, untersucht. Die Artikel stammen aus dem Zeitraum zwischen 2020 und 2022. Vorhergegangen war dem Bericht bereits eine Erhebung aus den Jahren 2015 bis 2019 mit ähnlichen Ergebnissen. Bislang wurden der Autorin zufolge lediglich marginale Fortschritte in diesem Bereich erzielt.
Die Studie kommt auch zu dem Ergebnis, dass im Falle von häuslicher Gewalt die Motivlage des Tatverdächtigen in der Medienberichterstattung primär eine Rolle spiele. Die Perspektive der Opfer wird in diesen Fällen Meltzer zufolge bislang nur selten bis gar nicht thematisiert. Insgesamt bleibe Partnerschaftsgewalt im Vergleich zu ihrem realen Ausmaß in den Medien deutlich unterrepräsentiert. Darüber hinaus werde bei vielen Veröffentlichungen auf Hinweise zu Hilfsangeboten verzichtet.
„Medien prägen entscheidend mit, wie gesellschaftlich mit Gewalt gegen Frauen umgegangen wird. Dieser Verantwortung müssen sie besser gerecht werden“, betont Meltzer. Eine Berichterstattung, welche die gesellschaftliche und politische Dimension von Gewalt gegen Frauen klar benenne und einordne, könne ein entscheidender Beitrag zur Prävention sein. Positiv merkt die Studie an, dass der Begriff des „Femizids“ langsam Eingang in die deutsche Medienberichterstattung finde.