Die Regierung in Warschau will das Schulfach Religion jahrgangsübergreifend organisieren, wenn es in einer Klasse zu wenige wählen. Auf Druck der Kirchen hat das polnische Verfassungsgericht dies vorläufig untersagt.
Polens Verfassungsgericht hat eine Regierungsverordnung zum Religionsunterricht in den Schulen bis auf Weiteres außer Kraft gesetzt. Bis zu einer endgültigen Entscheidung dürfe die Verordnung nicht angewendet werden, sagte Verfassungsgerichtspräsidentin Julia Przylebska am Donnerstagabend dem neuen TV-Sender wPolsce.pl.
Die Ende Juli vom Bildungsministerium erlassene Verordnung sieht vor, dass Schulen jahrgangsübergreifende Gruppen für den Religionsunterricht bilden können, wenn in einer Klasse weniger als sieben Schülerinnen und Schüler das Fach wählen. Die katholische Kirche und der Polnische Ökumenische Rat lehnen die Zusammenlegung von Klassen ab und wandten sich gemeinsam an das Verfassungsgericht. Ein jahrgangsübergreifender Religionsunterricht widerspreche pädagogischen Grundsätzen und führe zu ernsthaften Problemen, so die katholische Polnische Bischofskonferenz. Vor dem Verfassungsgericht geht es jedoch vor allem um das Mitspracherecht der Kirchen bei der Organisation des Religionsunterrichts.
Die Kirchen werfen Bildungsministerin Barbara Nowacka vor, die Änderungen bei dem Wahlfach ohne ihre Zustimmung angeordnet zu haben. Das Gesetz verlange hierfür aber ein “Einvernehmen mit der kirchlichen Seite”. Die Bischofskonferenz begrüßte die einstweilige Verfügung des Verfassungsgerichts. Dies sei eine “gute Entscheidung”, sagte ihr Sprecher Pater Leszek Gesiak.
Die Regierung argumentiert, es habe zwei Treffen mit der katholischen Kirche zu der organisatorischen Änderung am Religionsunterricht gegeben. Vizebildungsministerin Katarzyna Lubnauer verwies am Freitag auf das Konkordat, also das Abkommen zwischen der Republik Polen und dem Heiligen Stuhl. Darin stehe nichts über die Organisation der Klassen, schrieb sie im Kurznachrichtendienst X. Das Bildungsministerium, nicht die Bischofskonferenz organisiere die Arbeit der Schulen. Sie fügte hinzu: “Die Schule soll den Schülern dienen, nicht den Interessen der Kirchen.”
Die Verordnung erlaubt das Bilden von Unterrichtsgruppen aus den Klassenstufen eins bis drei, vier bis sechs sowie sieben und acht. Lubnauer verteidigte das. Schon bisher würden Kinder verschiedener Jahrgänge in kleinen Schulen in vielen Fächern gemeinsam unterrichtet, so die Politikerin der Bürgerkoalition von Ministerpräsident Donald Tusk.
In Polen beginnt am kommenden Montag das neue Schuljahr. Über die Zukunft des Religionsunterrichts wird in dem Land seit Monaten breit diskutiert. Bildungsministerin Nowacka wünscht sich ab dem nächsten Schuljahr nur noch eine Stunde Religion pro Woche – statt wie bisher zwei Stunden.