UN-Helfer sollen am Hamas-Terror beteiligt gewesen sein: Die Vorwürfe gegen UNRWA wiegen schwer. Viele Staaten frieren die Unterstützung für das Hilfswerk zunächst ein. Dieses mahnt: Darunter leiden am Ende die Falschen.
Nach Vorwürfen gegen Mitarbeiter haben mehrere Staaten die Unterstützung für das Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) vorerst ausgesetzt. Unter anderen die USA, Kanada, Großbritannien, Australien und Italien erklärten am Samstag, bis auf weiteres keine Zahlungen mehr an UNRWA zu leisten. Auch Deutschland wolle erst das Ergebnis der Aufklärung abwarten.
Hintergrund ist eine mögliche Beteiligung von UNRWA-Mitarbeitern an den Terrorattacken der Hamas vom 7. Oktober in Israel. Man habe entsprechende Informationen von israelischer Seite erhalten, erklärte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini am Freitag in Genf. Das Hilfswerk nahm nach eigenen Angaben Untersuchungen auf, die Verträge mit den beschuldigten Mitarbeitern seien mit sofortiger Wirkung gekündigt worden. “Jeder UNRWA-Mitarbeiter, der in Terrorakte verwickelt war, wird zur Rechenschaft gezogen, auch durch strafrechtliche Verfolgung”, betonte Lazzarini.
Ein Sprecher von UN-Generalsekretär Antonio Guterres teilte mit, dieser sei “entsetzt” und habe um rasche Nachforschungen gebeten. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell äußerte sich “äußerst besorgt”. Er erwarte vollständige Transparenz bezüglich der Vorwürfe. UNRWA spiele seit vielen Jahren eine wichtige Rolle bei der Unterstützung bedürftiger palästinensischer Flüchtlinge und sei ein entscheidender Partner der EU.
Israels Außenminister Israel Katz forderte hingegen weitere Staaten auf, die Unterstützung einzustellen. Die Verbindungen des Hilfswerks zur Hamas seien “unbestreitbar”, erklärte Katz auf der Plattform X. Zudem müsse die UNRWA-Leitung, namentlich auch Lazzarini, sofort zurücktreten.
Flüchtlingsorganisationen mahnten, UNRWA auch weiter zu fördern. Die Arbeit sei für viele Menschen in Gaza überlebenswichtig, betonte der Generalsekretär des Norwegischen Flüchtlingsrats, Jan Egeland, auf X. Die Geldgeber forderte er auf: “Lassen Sie Kinder nicht verhungern für die Sünden einiger einzelner Entwicklungshelfer.”
Lazzarini äußerte sich in einer Mitteilung geschockt, dass so viele Staaten ihre Unterstützung einstellten. Das Hilfswerk setze seine Arbeit im Gazastreifen fort, wobei es sich auch durch das Urteil des Internationalen Gerichtshof in Den Haag von Freitag bestätigt sehe. Das höchste UN-Gericht hatte Israel angewiesen, umgehend Maßnahmen zum Schutz der palästinensischen Bevölkerung im Gazastreifen zu ergreifen und humanitäre Hilfe zu ermöglichen. “Das kann nur gelingen durch Kooperationen internationaler Partner, vor allem mit UNRWA als dem größten humanitären Akteur in Gaza”, betonte Lazzarini.
In der aktuellen Kriegslage seien Sanktionen gegen das Hilfswerk zudem “ungemein verantwortungslos”. “Ich bitte die Staaten, die ihre Unterstützung ausgesetzte haben, dringend, ihre Entscheidung zu überdenken, bevor UNRWA seine humanitäre Hilfe deswegen einstellen muss.”
Im vergangenen Jahr hatte das Hilfswerk nach eigenen Angaben 82 Millionen Euro von der Europäischen Union erhalten. Nach den Hamas-Anschlägen nahm die EU-Kommission ihre Förderungen unter die Lupe, um sicherzustellen, dass Unterstützungen weder direkt noch indirekt Terroraktivitäten zugute kämen. Die Gesamthilfen der EU an Palästinenser belaufen sich auf 1,2 Milliarden Euro für den Zeitraum 2021-2024.