Gabriele Münters Schicksal ist es, dass sie meist nur als Malerin neben ihrem Lebensgefährten Wassily Kandinsky gesehen wird. Inzwischen wird aber zunehmend ihr eigenes Schaffen gewürdigt – 2027 mit einem Gedenkjahr.
Große Freude beim Münchner Lenbachhaus: Grund ist die jüngste Entscheidung der Unesco-Generalkonferenz, 2027 ein internationales Gedenkjahr zu Ehren der Künstlerin Gabriele Münter (1877-1962) auszurufen und dafür die Schirmherrschaft zu übernehmen. Anlass ist Münters 150. Geburtstag. Wie das Haus am Montag mitteilte, plant es dazu eine große Ausstellung unter dem Titel “Die Blauen Reiter-Reiterinnen”. In Kooperation mit dem Museum Wiesbaden, dem Paula-Modersohn-Becker-Museum Bremen und der Fondazione Marianne Werfkin Ascona solle Münter als zentrale Figur der künstlerischen Netzwerke der Moderne vorgestellt werden.
In der Mitteilung wird die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, mit den Worten zitiert, Münter habe die Moderne und ihre Rezeption entscheidend geprägt. Sie sei eine Wegbereiterin der Gleichberechtigung in der Kunst gewesen, Mitbegründerin des Blauen Reiters und schließlich seine Rettung: “Während der NS-Herrschaft versteckte sie die Werke von Kandinsky, Klee und vielen anderen. Ihr Schaffen, ihr Mut und ihr Einsatz für die Kultur sind bis heute beeindruckend.”
Zuletzt zeigte das Lenbachhaus 2017 eine Münter-Retrospektive. Mit der Gabriele-Münter- und Johannes-Eichner-Stiftung setzt es sich auch für eine Wiederentdeckung der Künstlerin ein. Restaurierungen und Forschungsprojekte hätten viele bisher unbekannte Werke zugänglich gemacht, heißt es. Die wachsende internationale Anerkennung Münters zeige sich auch in den Ankäufen bedeutender Arbeiten von ihr durch führende Museen, darunter das Pariser Centre Pompidou, das Museum of Modern Art in New York, das Van Gogh Museum Amsterdam, das Detroit Institute of Arts, das Museum Ludwig in Köln und die Kunstsammlung NRW.
Die am 19. Februar 1877 in Berlin geborene Münter kam 1901 zum Studium der Kunst nach München und wurde ein Jahr später Schülerin der “Phalanx”-Kunstschule von Wassily Kandinsky. 1903 verbanden sich beide zu einer Lebens- und Arbeitsgemeinschaft. In der oberbayerischen Voralpenlandschaft entdeckten sie ihren bevorzugten Schaffensort, so dass Münter 1909 in Murnau ein Haus erwarb. Im selben Jahr wurden beide Mitglied der “Neuen Künstlervereinigung München”, der auch Alexej Jawlensky, Marianne von Werefkin, Adolf Erbslöh, Alexander Kanoldt und später Franz Marc angehörten.
1911 trat Münter mit Kandinsky und Marc aus und beteiligte sich im Winter 1911/12 an der ersten Schau des Blauen Reiters sowie an allen weiteren Präsentationen der Gruppe. Die Beziehung zu Kandinsky ging später in die Brüche. Im Frühsommer 1915 siedelte Münter nach Stockholm über. Zeitweise lebte sie in Skandinavien, erst 1930 ließ sie sich mit ihrem zweiten Lebensgefährten Johannes Eichner wieder dauerhaft in ihrem Haus in Murnau nieder, wo die Künstlerin bis zu ihrem Tod am 19. Mai 1962 lebte und arbeitete.