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Gamescom 2025 zwischen Konsolidierung und Schnappatmung

Auf der Gamescom 2025 trifft die Euphorie der Fans auf eine wachsende, aber verunsicherte Branche. Die Debatte um die Rolle von KI im Spiele-Bereich ist als Elefant im Raum stets mit dabei.

Games sind unter anderem dazu da, sich zumindest zeitweilig aus der schnöden Realität zu verabschieden. Mit Blick auf die Nachrichtenlage verwundert es daher kaum, dass die Begeisterung für die Gamescom als größte Spielemesse der Welt ungebrochen scheint. In Köln strömten nach der “Opening Night Live” am Dienstag mit prominenten Gästen wie Bundesforschungsministerin Dorothee Bär (CSU), NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) bereits am Mittwoch Tausende auf das Ausstellungsgelände.

Eigentlich ist dieser erste Tag der noch bis Sonntag laufenden Messe Medien und Fachbesuchern vorbehalten. Doch dank sogenannter Wildcards und diverser anderer Kanäle tummelte sich schon ab dem frühen Morgen ein buntes Völkchen aus Fans und Familien, jugendlichen und erwachsenen Gamern, kostümierten Cosplayern und mit Rucksäcken ausstaffierten Präsentejägern in den Hallen.

Der Businessbereich, in dem die Hersteller Geschäfte machen und Medienvertreter von ihren Produkten überzeugen wollen, füllte sich dagegen vergleichsweise zögerlich. Denn die Euphorie beim Publikum mag groß sein, die Branche selbst macht nicht nur in Deutschland eine schwere Zeit der “Konsolidierung” durch. Was übersetzt so viel heißt wie: Studios werden geschlossen, Mitarbeiter entlassen – trotz global wachsender Umsatzzahlen.

Zum Beispiel Microsoft. US-Medien meldeten Anfang Juli, dass der Konzern weltweit noch einmal mehr als 9.000 Jobs abbauen wolle. Dabei hat es in einer ersten Kündigungswelle im Frühjahr gerade erst 6.000 Angestellte getroffen. Den Games-Bereich, für den Microsoft jahrelang namhafte Studios eingekauft hat, treffen die Maßnahmen besonders hart.

Fans von Spielen wie “Sea of Thieves” oder von Action-Adventures wie “Everwild” des legendären Entwicklers Rare werden sich auf der Gamescom vergeblich danach umsehen. Dabei verzeichnet laut Phil Spencer, Chef von Microsofts Unterhaltungssparte, der von ihm verantwortete Geschäftsbereich aktuell mehr Spieler und mehr Spielzeit denn je. Man habe auch jede Menge Games und Hardware in Planung, müsse sich aber aktuell auf die Projekte mit dem größten Potenzial, sprich: Profit, konzentrieren.

Dem Eindruck des “Zu viel des Guten” kann man sich allerdings auch auf der Gamescom kaum erwehren. Selbst die aufnahmefähigsten Fachjournalisten sind überfordert mit der Aufgabe, sich auch nur einen groben Überblick über alle Neuheiten von 1.500 Ausstellern aus 72 Ländern zu verschaffen.

Laut Game, dem Fachverband der deutsche Games-Branche, gehören dazu auf jeden Fall mobile Spiele. Die meisten Menschen spielen allerdings auf dem Handy, in den App-Stores herrschen kostenlose Titel vor. Der Umsatz wird hier fast ausschließlich mit kostenpflichtigen Zusatzinhalten gemacht. Passionierte Gamer lassen von so etwas normalerweise die Finger, auch für Unternehmen ist der Markt hochriskant. Denn was heute Millionen in die Kassen spült, geht schon morgen im völlig überfrachteten Angebot der App-Stores gnadenlos unter und wird trotz Werbedauerfeuer in den sozialen Medien vom launischen Publikum ignoriert.

Von den Firmen, die in diesem prekären Umfeld ihr Geschäft machen, sieht man auf der Gamescom so gut wie nichts. Die großen Konzerne werfen dafür auf gut Glück mit Millionen für Konzepte um sich, mit denen andere schon Erfolg hatten. Bei der Produktion solcher Game-Klone kommt zudem zunehmend Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz.

Ein Begriff, der auf Nachfrage bei vielen Akteuren für Reaktionen zwischen Schockstarre und Schnappatmung sorgt. Und so kommt der KI bei der diesjährigen Gamescom die Rolle des Elefanten im Raum zu. Weil niemand weiß, wie sich die KI mittelfristig auf die Branche auswirkt, spricht man davon nur hinter vorgehaltener Hand. Dass KI die Kreativität im Games-Bereich fördern wird, glauben dabei nur die wenigsten.

Ein wichtiger Motor für die Branche ist laut Game aktuell vor allem der steigende Absatz von Spielkonsolen. Auf der Gamescom sind zudem die Japaner 2025 nach Jahren der Abstinenz erstmals wieder vertreten. Kein Wunder, hat man mit exklusiven Hits wie “Mario Kart World” oder “Donkey Kong Bananza” doch bombensichere Marken im Gepäck.

Auch der französische Gameskonzern Ubisoft setzt auf Bewährtes. Etablierte Marken wie die “Assassin’s Creed”-Reihe sind zwar längst keine Selbstläufer mehr. Doch Eigengewächse wie “Anno 117” von Ubisoft Mainz sind über Jahrzehnte mit Blick auf die Fangemeinde gepflegte, nachhaltig weiterentwickelte Produkte, die ihr Publikum finden werden.

Oder man macht es wie der Schweizer Entwickler Urban Games. Er konzentriert sich mit 25 festen Mitarbeitern und einigen Freelancern auf seine Wirtschaftssimulation “Transport Fever”, deren dritter Teil 2026 erscheint. Laut Gründer und Firmenchef Basil Weber geschieht das in aller Ruhe und Sorgfalt. Man lasse sich nicht hetzen und denke nicht daran, das Geschäft auf andere Bereiche auszuweiten. Auch bei Urban Games ist man nah bei den Fans und setzt auf Kontinuität statt auf den ganz großen Aufschlag. Vermutlich ist das genau das richtige Erfolgsrezept, von dem sich manch größerer Player in der Branche eine Scheibe abschneiden sollte.