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Galka Scheyer: Prophetin einer neuen Kunst

Auf dem ersten Schwarz-Weiß-Foto ist eine elegante Dame zu sehen, die mit einer Zigarette in der Hand lässig an eine Wand lehnt. Die Aufnahme zeigt die jüdische Kunstförderin Galka Scheyer (1889-1945) im Jahr 1940. „Da war sie in Los Angeles einigermaßen sesshaft und konnte auf 20 Jahre Erfahrung als Kunstagentin zurückblicken“, sagt Ausstellungskuratorin Bianca Strauß vom Städtische Museum Braunschweig. Das Museum widmet der gebürtigen Braunschweigerin und der von ihr betreuten Künstlergruppe „Die Blaue Vier“ von diesem Freitag an eine Sonderausstellung, die bis zum 19. Mai zu sehen ist.

Ein Bild der Ausstellung „Galka Scheyer und die Blaue Vier“ zeigt eine aufgedunsene Gestalt mit roter Kleidung und roten Wangen. Die Haare sind bläulich, der Hintergrund auch. Es ist das Gemälde „Der Buckel“ von Alexej von Jawlensky (1864-1941), der Galka Scheyer besonders beeindruckt hat. Das Bild sei für sie der Start ihrer Laufbahn als Kunstagentin gewesen und das Ende ihres eigenen malerischen Wirkens, erläutert Museumsdirektor Peter Joch. Scheyer habe das Bild so „modern und avantgardistisch“ gefunden, dass sie beschlossen habe, selbst mit dem Malen aufzuhören und stattdessen Bilder zu vermarkten.

Insgesamt zeigt die Schau rund 140 Gemälde und Grafiken von Scheyer und der „Blauen Vier“. Zu der 1924 in Weimar gegründeten Ausstellungsgemeinschaft gehörten neben dem Avantgardisten Jawlensky die Bauhaus-Künstler Lyonel Feininger (1871-1956), Wassily Kandinsky (1866-1944) und Paul Klee (1879-1940). Scheyer vermarktete die „Blaue Vier“ in den USA. „Sie war eine Kontakterin und Netzwerkerin und permanent unterwegs“, sagt Joch.

In der Ausstellung verteilt liegen Sitzklötze mit blauen Streifen – eine Anspielung an das Logo der „Blauen Vier“. Galka Scheyer habe sich „innovativer Marketing-Strategien“ bedient, erläutert Kuratorin Strauß. Sie habe für die Vermarktung der vier Künstler ein „Corporate Design“ verwendet samt einem von Kandinsky entworfenen Logo mit vier blauen Streifen. In Hollywood lud sie Prominente zu Partys, stellte dort Bilder aus und konnte Größen wie Greta Garbo davon überzeugen, künftig weniger Impressionisten, sondern Bilder von Jawlensky zu sammeln.

Doch die Arbeit mit den vier Künstlern sei nicht immer spannungsfrei verlaufen, erzählt Museumsleiter Joch. Auf der einen Seite hätten die vier Künstler als Intellektuelle gestanden, auf der anderen Seite Galka Scheyer als Geschäftsfrau. „Sie war eine Powerfrau und Macherin, wollte verkaufen und entwickelte Werbestrategien.“ Dass sei zu der Zeit in den USA nur bei Autoverkäufen üblich gewesen. „Es waren zwei Welten“, erläutert Joch. So habe Feininger die Kunstagentin „der kleine Tornado“ genannt.