Die Grenzschutzbehörde Frontex meldet für das Jahr 2024 einen deutlichen Rückgang irregulärer Einreisen in die Europäische Union (EU). Nach Angaben der Agentur sank die Zahl der illegalen Grenzübertritte im Vergleich zum Vorjahr um rund 146.000 oder 38 Prozent auf 239.000 „Damit wird der niedrigste Stand seit 2021 erreicht, als die Migration noch von der Corona-Pandemie betroffen war“, teilte Frontex am Dienstag in Warschau mit.
Der Exekutivdirektor von Frontex, Hans Leijtens, gab sich mit einer Prognose für die Zukunft zurückhaltend. „Im Jahr 2024 war zwar ein deutlicher Rückgang der irregulären Grenzübertritte zu verzeichnen, aber es wurden auch neue Risiken und eine veränderte Dynamik deutlich“, sagte der Niederländer laut Mitteilung. Schmugglernetzwerke passten sich an neue Umstände an, auf manchen Routen gebe es mehr Gewalt und Migrationsströme könnten sich schnell verlagern, hieß es weiter. Die wachsende Instabilität in Regionen wie der Sahelzone treibe die Migration nach Europa weiter an.
Der Rückgang bei den irregulären Einreisen geht Frontex zufolge vor allem auf zwei Routen zurück: die „zentrale Mittelmeerroute“, die Nordafrika mit Italien verbindet, und die Westbalkanroute, über die vor allem Flüchtende aus dem Nahen Osten nach Europa gelangen.
So sei die Zahl der Ankünfte aus Tunesien und Libyen in Italien auf 66.800 gesunken, das sei ein Rückgang um 59 Prozent gegenüber 2023. Diese Entwicklung auf der zentralen Mittelmeerroute sei vor allem „auf eine bessere Zusammenarbeit mit den nordafrikanischen Ländern, insbesondere Tunesien, zurückzuführen“, sagte Leijtens der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Dienstag): „Die Zusammenarbeit mit Tunesien ist ein wichtiger Faktor für die Zerschlagung der Schleusernetze.“ Die Europäische Union hatte Mitte 2023 ein umfassendes Kooperationsabkommen mit dem Land geschlossen.
Auf der sogenannten Westbalkanroute verzeichnete Frontex 21.500 irreguläre Grenzübertritte, ein Rückgang um mehr als Dreiviertel (78 Prozent) im Vergleich mit 2023. Die Länder der Region hätten große Anstrengungen unternommen, um den Zustrom einzudämmen, erklärte die Grenzschutzagentur. Dazu gehöre eine verschärfte Visapolitik, strengere Grenzkontrollen und die enge Zusammenarbeit mit Frontex.
Die Westafrika-Route zeige dagegen Rekordzahlen bei den Ankünften. Die Kanarischen Inseln verzeichneten demnach einen Anstieg der Ankünfte um knapp ein Fünftel (18 Prozent) auf fast 47.000, die höchste Zahl seit Beginn der Datenerfassung durch Frontex im Jahr 2009. Auch im Osten der EU stiegen die Zahlen den Angaben zufolge. Vor allem an den Grenzen zur Ukraine und zu Belarus habe sich die Zahl der Grenzübertritte auf rund 17.000 Einreisen verdreifacht.
Der Anteil der Frauen unter den erfassten Migranten liegt laut der Agentur konstant bei rund zehn Prozent. Afghanische und syrische Frauen bilden demnach die Mehrheit. Der Anteil der Minderjährigen unter den Migrantinnen und Migranten stieg im vergangenen Jahr auf 16 Prozent nach 13 Prozent ein Jahr zuvor.