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Friedrichs-Preis für TV-Korrespondentinnen von der Tann und Willinger

Die ARD-Journalistinnen Sophie von der Tann und Katharina Willinger werden für ihre Arbeit ausgezeichnet. Der Preis für von der Tann spaltet die Gemüter.

Preisträger beim Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis in Köln: die Journalistinnen Katharina Willinger und Sophie von der Tann, Förderpreisträger Borhan Akid und Katja Gloger für Reporter ohne Grenzen (vlnr)
Preisträger beim Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis in Köln: die Journalistinnen Katharina Willinger und Sophie von der Tann, Förderpreisträger Borhan Akid und Katja Gloger für Reporter ohne Grenzen (vlnr)epd-bild/Guido Schiefer

Solidarität im Saal, Proteste davor: Für besondere Leistungen im Fernsehjournalismus ist in Köln der Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis verliehen worden. Ausgezeichnet mit dem Hauptpreis wurden zu gleichen Teilen die ARD-Nahost-Korrespondentin Sophie von der Tann und Katharina Willinger, die Leiterin des ARD-Studios Istanbul und Teheran. An der Auszeichnung für von der Tann hatte es teils scharfe Kritik gegeben.

Der Korrespondentin war vor der Preisverleihung verschiedentlich vorgeworfen worden, sie schüre Judenhass, indem sie parteilich und verzerrt zulasten der israelischen Seite über den Nahost-Konflikt berichte. Unter anderem der israelische Botschafter in Deutschland, Ron Prosor, kritisierte die Arbeit der Fernsehjournalistin scharf, die wie Willinger für den Bayerischen Rundfunk (BR) arbeitet.

Hanns-Friedrichs-Preis im Fokus aktueller Kritikdebatten

Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, nannte die Vorwürfe gegen von der Tann, die seit 2021 für die ARD aus Tel Aviv berichtet, „völlig überzogen“. Bei der Übergabe des Preises sprach er von einem „veritablen Kulturkampf“ gegen etablierte Medien, der von sogenannten alternativen Medien wie Nius, Tichys Einblick und Apollo News befördert werde, die Verschwörungstheorien und Hasstiraden im Netz verbreiten würden. Hinzu kämen Desinformationskampagnen aus dem Ausland, unter anderem aus Russland.

Proteste vor dem WDR Funkhaus in Köln gegen die Verleihung des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises an Sophie von der Tann
Proteste vor dem WDR Funkhaus in Köln gegen die Verleihung des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises an Sophie von der Tannepd-bild/Guido Schiefer

Am Rande der Preisverleihung protestierten laut Polizei rund 100 Menschen vor dem WDR-Funkhaus in Köln gegen die Vergabe des Medienpreises an von der Tann. Kurzfristig hätten sich auch 50 Gegendemonstranten versammelt, beide Demonstrationen seien friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Friedrichs-Preis stärkt Vertrauen in Auslandsjournalismus

Die Preisjury stellt sich hinter von der Tann, nannte sie „eine krisenfeste und unerschrockene Korrespondentin“, die sich nicht scheue, Dinge beim Namen zu nennen. Jury-Mitglied Sandra Maischberger sagte bei der Preisverleihung, Sophie von der Tann sei kritisch allen Seiten gegenüber. Erst recht für eine deutsche Journalistin sei das in Israel und den palästinensischen Gebieten besonders schwierig. 70 Nahost-Korrespondenten sowie andere Beschäftigte deutschsprachiger Medien unterzeichneten einen Brief, der Solidarität mit der Korrespondentin ausdrückte.

Von der Tann: Unabhängiger Journalismus unter Druck

Von der Tann sagte in ihrer Dankesrede, die Anfeindungen gegen sie seien kein Einzelfall. Unabhängiger Journalismus und die demokratische Basis, auf der er fuße, gerieten immer mehr unter Druck. „Dem müssen wir uns mit Selbstbewusstsein entgegenstellen, für unsere Werte einstehen und weiter Journalismus nach journalistischen Kriterien machen“, sagte sie.

Der Sonderpreis des Hanns-Joachim-Friedrichs-Preises, der seit 1995 vergeben wird und nach dem ehemaligen ARD-Tagesthemen-Moderator benannt ist, ging an Reporter ohne Grenzen, der Förderpreis an den WDR-Journalisten Borhan Akid. Hauptpreise und Förderpreis sind mit jeweils 2.500 Euro dotiert.