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Freie Journalisten beim MDR fürchten um ihre Jobs

Es sei ja zum Glück ein überschaubarer Zeitraum bis zum Ruhestand, sagt die Kollegin vom Mitteldeutschen Rundfunk (MDR). Die Wertschätzung des MDR sei weg, die Honorarsätze zu Jahresbeginn teils drastisch gesenkt worden. Und jetzt drohten weitere Programmkürzungen und damit weniger Aufträge sowie Einkommensverluste. „Es macht gerade keinen Spaß“, sagt die Reporterin. Es sind Aussagen wie diese, die derzeit immer wieder zu hören sind.

Der MDR muss sparen. „Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für uns werden immer schwieriger“, sagt MDR-Sprecher Michael Naumann. Weil unter anderem die fest eingeplante Beitragserhöhung noch nicht beschlossen worden sei, müsse der Sender seine Ausgaben bis 2028 stark senken. Schon 2024 ging Intendant Ralf Ludwig von rund 40 Millionen Euro jährlich aus. Eine einseitige Belastung der freien Mitarbeiter verneint der MDR-Sprecher. „Der MDR wägt notwendige Maßnahmen sehr verantwortungsbewusst und sorgfältig ab. Einsparnotwendigkeiten betreffen sämtliche Bereiche des Senders“, sagt Naumann.

Erste Sendungen sind bereits aus dem Programm verschwunden. Das in Sachsen produzierte Outdoor-Magazin „Biwak“, die Geschichtsreihe „MDR-Zeitreise“ und das Format über mitteldeutsche Kuriositäten „Außenseiter Spitzenreiter“ wurden eingestellt. Letzteres nach mehr als 50 Jahren. Auch im Hörfunk wurden Redaktionen zusammengelegt oder Beiträge innerhalb des Senders und von der ARD übernommen.

Der MDR-Gesamtfreienrat kritisierte Mitte November in einem offenen Brief, dass vor allem die freien Mitarbeitenden betroffen seien, weil sie die Programmbeiträge erstellten. Die Interessenvertretung der freien Mitarbeiter warnte Intendant Ludwig vor irreparablen Programmverlusten, sei aber mit Alternativvorschlägen wie einer Eigenkapitalabsenkung oder geringeren Pensionsrückstellungen auf Ablehnung gestoßen, wie es heißt. Auch der Rundfunkrat wurde über die Situation der Beschäftigten informiert.

Ein sächsisches Rundfunkratsmitglied sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), wenn ein Kernauftrag des MDR die regionale Berichterstattung sei, laufe eine massive Kürzung von eigenproduzierten Sendungen in die falsche Richtung. Es gebe zumindest diskutierbare Alternativen. So sollte die Verwendung der 130 Millionen Euro, die jährlich vom MDR in die ARD-Gemeinschaftsaufgaben fließen, unter anderem für Sportrechte, Krimis und Serien, die über die Filmbeschaffungsorganisation Degeto besorgt werden, geprüft werden.

Und noch eine Anregung aus Sachsen: Während die Zahl der mitteldeutschen Gebührenzahler in den vergangenen Jahren in Relation zu anderen Sendegebieten deutlich gesunken sei, bleibe der sogenannte Fernsehverteilungsschlüssel, also der Anteil des Senders an der Finanzierung der Gemeinschaftsaufgaben der ARD, unverändert bei 10,6 Prozent bestehen. Hier müsse nachverhandelt werden, sagt das sächsische Rundfunkratsmitglied. Das Problem dabei: Jede Veränderung des Verteilungsschlüssels müsse in der ARD einstimmig beschlossen werden.

Eine Thüringer Vertreterin des 50-köpfigen Rundfunkrats sagte dem epd, das Gremium habe die Mitarbeiterperspektive in den vergangenen Jahren regelmäßig angesprochen. In Zeiten kritischerer Finanzausstattung würden solche Interventionen stärker berücksichtigt. Das sei spürbar.

Immerhin hat der Brandbrief der Freienvertretung am kommenden Montag die Tagesordnung des Rundfunkrats erreicht. Zuvor wird das Gremium allerdings voraussichtlich den neuen Wirtschaftsplan genehmigen. Über wegfallende Aufträge und Honorarkürzungen der freien Reporter, Cutter und Kameraleute wird so erst debattiert, nachdem die Ein- und Ausgaben des MDR für das kommende Jahr bereits festgelegt sind.

Entsprechend nüchtern fällt bis dahin die Empfehlung der Freienvertretung in ihrem offenen Brief an die Kolleginnen und Kollegen aus: „Schaut also, dass ihr euch und eure finanzielle Situation absichert – so schwer es uns fällt, das zu empfehlen: Schaut auch außerhalb des MDR!“