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Flüchtlingsrat kritisiert Pläne für Ausreiseeinrichtung

Mit scharfer Kritik hat der Flüchtlingsrat Niedersachsen auf die Ankündigung der Landesregierung reagiert, in der Landesaufnahmebehörde in Braunschweig eine „Ausreiseeinrichtung“ für Geflüchtete zu schaffen. Dies hatte das SPD-geführte Innenministerium Ende Juli verfügt. Die Vorsitzende des Flüchtlingsrats, Claire Deery, sprach von einer „Wiedereinführung einer Politik der Drangsalierung und Zermürbung von abgelehnten Flüchtlingen“. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) wies die Kritik zurück.

Häufig seien Abschiebungen erfolglos, weil abzuschiebenden Personen nicht aufzugreifen seien oder untertauchten, erläuterte Behrens gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epd). Nicht alle Ausreisepflichtigen, „die den Vollzug ihrer Abschiebung schuldhaft zum Scheitern gebracht haben“, erfüllten die Voraussetzungen für eine Abschiebungshaft oder ein Ausreisegewahrsam. Bisher seien diese Personen nach einem abgebrochenen Abschiebungsversuch bis zum erneuten Vollzug in die Freiheit entlassen worden. Das Ziel der Ausreiseeinrichtung bei der Landesaufnahmebehörde sei eine Steigerung der Aufgriffe von Ausreisepflichtigen. „Eine Freiheitsentziehung geht damit nicht einher“, betonte Behrens.

Flüchtlingsrats-Vorsitzende Deery sagte, wenn Gründe für eine Inhaftierung nicht gegeben seien, lägen auch keine rechtfertigenden Gründe für eine „Zwangseinweisung in Ausreisezentren“ vor.

Eine Ausreiseeinrichtung sei eine offene Einrichtung, heißt es. Die Unterbringung besitze keinen freiheitsbeschränkenden Charakter. Es gehe darum, „eine höhere Erreichbarkeit des Ausländers für die Durchführung der Abschiebung“ sicherzustellen, unter anderem durch eine elektronische Erfassung der Anwesenheit. Zudem könnten Betroffene verpflichtet werden, ihre geplante Abwesenheit innerhalb eines festgelegten Zeitraums und unter Angabe des Ortes rechtzeitig anzuzeigen.

Der Flüchtlingsrat verwies darauf, dass in Niedersachsen bereits vor 2013 Asylsuchende in „Ausreisezentren“ untergebracht wurden. Zu den Betroffenen habe damals der syrische Flüchtling Hussein Daoud gehört. Ihm habe die Landesregierung mangelnde Mitwirkung bei seiner Abschiebung vorgeworfen und zu einem Leben im Ausreisezentrum verpflichtet, bis er im Jahr 2000 nach Syrien abgeschoben wurde. Dort sei er nach Folter und Misshandlung zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt worden.

Der Fall zeigt dem Flüchtlingsrat zufolge, dass die Angst vor einer Abschiebung bei manchen Geflüchteten durchaus begründet sei, auch wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde: „Wer sich nicht widerstandslos abschieben lässt, hat vielleicht einfach nur Panik vor den Folgen.“ 2014 hatte die damalige rot-grüne Landesregierung die damalige Praxis beendet, Geflüchtete in „Ausreisezentren“ unterzubringen.