Thüringenweit gelten 53 Prozent der Bäume inzwischen als schwer erkrankt. Das entspreche einem Anstieg von drei Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr, sagte Thüringens Agrarministerin Susanna Karawanskij (Linke) am Montag in Erfurt bei der Vorstellung des diesjährigen Waldzustandsberichtes.
Sorgenkind sei dabei die Fichte, sagte die Ministerin. Nur noch 13 Prozent dieser Baumart könne im Freistaat als gesund bezeichnet werden. Ernsthaft erkrankt seien aber auch andere Baumarten wie Eiche, Buche oder Kiefer. Letztere habe sich im Laufe der vergangenen Monate allerdings leicht erholt.
Dennoch seien allein seit 2018 in Thüringens Wäldern 27 Prozent aller Bäume durch Schädlingsbefall oder Trockenheit abgestorben. Der Klimawandel sei in vollem Gange. So habe die durchschnittliche Bodenfeuchte seit 2010 trotz der verhältnismäßig feuchten Witterung während der vergangenen zwei Jahre um 20 Prozent abgenommen. Trockenstress sei ein Hauptgrund für die abnehmende Resistenz gegenüber Schädlingen. Die Forstverwaltung versuche, mit einer klimaresistenten Baumsortenmischung die Flächen wieder aufzuforsten. Allein in diesem Jahre seien thüringenweit rund sechs Millionen Jungbäume gepflanzt worden.
Karawanskij betonte, zusätzlich zu den bereits eingeplanten Hilfen für die Forstwirtschaft im Gesamtumfang von 500 Millionen Euro in den kommenden Jahrzehnten werde das Land an weiteren Hilfen nicht vorbeikommen. Gerade die Kleinwaldbesitzer verfügten in der Regel nicht über die Mittel, die Verluste in der Waldbewirtschaftung auszugleichen.
Laut dem Vorstand des landeseigenen Thüringenforsts, Volker Gebhard, besteht die große Aufgabe der kommenden Wochen und Monate darin, an jeder einzelnen Fichte nach Bohrlöchern des Borkenkäfers zu suchen. Die Fällung der akut betroffenen Bäume sei das einzige Mittel, das helfe, den zuletzt massiv zugenommenen Befall einzudämmen. Allein in Thüringen seien im laufenden Jahr sechs Millionen Festmeter Schadholz geerntet worden. Mittelfristig werde sich das auf dem Holzmarkt bemerkbar machen.
Als besonders besorgniserregend bezeichnete der Erfurter Forstamtsleiter Chris Freise die jüngst festgestellten Übersprünge von einzelnen Schadinsekt-Arten auf jeweils neue Wirtsbäume. Üblicherweise habe jede Baumart ihren eigenen Schädling. Doch inzwischen werde im Forst beobachtet, dass etwa die bislang auf Fichten spezialisierten Borkenkäfer auch andere Nadelbaumarten angreifen. „Da laufen Dinge ab, die dürfte es eigentlich gar nicht geben“, sagte der Forstexperte.