Die Bundesregierung will den Konsum von Cannabis unter bestimmten Bedingungen legalisieren und damit den Schwarzmarkt eindämmen. Doch es gibt immer mehr Gegenwind – von Ärzten und jetzt auch aus den Bundesländern.
Die Innenminister der Bundesländer warnen in einem parteiübergreifenden Appell an die Bundestagsfraktionen und Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor den Folgen der geplanten Cannabis-Legalisierung. Es seien “gravierende negative Auswirkungen auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität, den Kinder- und Jugendschutz sowie den Gesundheitsschutz” zu befürchten, zitierte die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” (Montag) aus dem Schreiben, das namens der Innenministerkonferenz von dem brandenburgischen Innenminister Michael Stübgen (CDU) unterzeichnet sei.
Cannabis berge für die Altersgruppe der unter 25-Jährigen das Risiko unheilbarer psychischer Erkrankungen. Schwer wiege auch die von kriminalpolizeilichen Fachleuten erwartete Gefahr einer Stärkung der Strukturen der organisierten Kriminalität. Der Gesetzentwurf der Ampelkoalition erleichtere den illegalen Handel mit Cannabis “massiv und schwächt seine Attraktivität kaum”.
Die erwartbare Steigerung der Zahl der Cannabisnutzer lasse befürchten, dass die in Deutschland ohnehin schon sehr starken internationalen kriminellen Strukturen des Cannabishandels “weitere Entwicklungsmöglichkeiten erhalten und sich aufgrund der noch günstigeren Umfeldbedingungen noch stärker in Deutschland ansiedeln bzw. verfestigen”.
Die Innenminister der Länder warnen zudem vor erheblichen Gefahren für die Verkehrssicherheit: “Unser Ziel ist die ‘Vision Zero’ – keine getöteten und schwerverletzten Menschen im Straßenverkehr”, heißt es in dem Brief. Aus Studien in den USA gehe jedoch hervor, dass die Unfallwahrscheinlichkeit und damit die Wahrscheinlichkeit von Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr steige: “Die Legalisierung wird zwangsläufig zur Folge haben, dass mehr Menschen Cannabis konsumieren. Ebenso zwangsläufig wird es mehr Verkehrsunfälle mit leichten, aber auch mit schweren Folgen geben, die auf Cannabis-Einfluss zurückzuführen sind.”
Außerdem monierten die Innenminister, dass im Gesetzentwurf zahlreiche Fragen im Zusammenhang mit dem privaten Cannabiskonsum diverser Berufsgruppen nicht geklärt seien.
Am Freitag hatte sich auch die Bundesärztekammer kritisch geäußert. Präsident Klaus Reinhardt warnte vor weitreichenden Folgen. Die Ziele des Gesetzes stünden im eklatanten Widerspruch zur internationalen Erkenntnislage. Statt einer Legalisierung seien Aufklärung und Prävention nötig.
Laut Regierungsentwurf könnten Erwachsene künftig zum Eigenkonsum bis zu 25 Gramm Cannabis besitzen und drei Cannabis-Pflanzen zuhause anbauen. Außerdem sollen Cannabis-Clubs mit bis zu 500 Mitgliedern die Droge gemeinschaftlich anbauen dürfen. Der Bundestag wird möglicherweise schon in dieser Woche abschließend über den Gesetzentwurf entscheiden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zeigte sich unterdessen zuversichtlich, dass die Cannabis-Legalisierung zu einem Rückgang des Schwarzmarktes führen werde. Zugleich rechne er mit Verfassungsklagen gegen die Reform, die in der kommenden Woche im Bundestag behandelt wird, sagte er der “Rheinischen Post”: “Wir stellen Cannabis ohne die negativen Einflüsse des Schwarzmarkts zur Verfügung und das auch nur in sehr eingeschränktem Umfang. Wenn schon konsumiert wird, dann lieber aus einer Genossenschaft mit sauberem Cannabis als über den Dealer.