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Popkultur verändert den Blick auf mentale Gesundheit

TikTok, Billie Eilish, #Anxiety: Viele junge Menschen sprechen heutzutage unverhohlen über psychische Krisen. Doch nicht jede Form von Offenheit ist hilfreich.

Offener Umgang mit psychischer Gesundheit: Immer mehr junge Menschen – inspiriert durch TikTok oder Vorbilder wie Billie Eilish – setzen auf Achtsamkeit und Selbstreflexion
Offener Umgang mit psychischer Gesundheit: Immer mehr junge Menschen – inspiriert durch TikTok oder Vorbilder wie Billie Eilish – setzen auf Achtsamkeit und SelbstreflexionIMAGO / Westend61

Der Umgang mit psychischer Gesundheit verändert sich – und das liegt nach Worten einer Medienpsychologin nicht allein an den Sozialen Medien. Auch in der Popkultur würden psychische Erkrankungen nicht nur thematisiert, sondern stärker als Teil der eigenen Identität betrachtet als früher, sagte Kerria Drüppel. An der Universität Hohenheim forscht sie unter anderem zum Einfluss bestimmter Inhalte auf TikTok; die unveröffentlichte Studie „#Anxiety-Content on TikTok and its influence on knowledge and behavior” liegt vor.

Serienfiguren oder Künstlerinnen, die großen Einfluss auf junge Menschen hätten, gingen heutzutage sehr offen mit psychischen Krisen um, fügte Drüppel hinzu. Beispielhaft nannte sie die Sängerin Billie Eilish, die bereits 2018 über Einsamkeit und mangelndes Selbstwertgefühl sang. Im Jahr darauf sprach die heute 23-Jährige erstmals in einem Interview über ihre Depressionen und Angstzustände, später auch über Suizidgedanken und Therapieerfolge.

Belastende Gefühle sind kein Wettkampf

Dies könne für andere Betroffene entlastend wirken, wenn sie sich weniger allein fühlten, erklärte Drüppel. Problematisch sei es dagegen, wenn Menschen etwa behaupteten, dass es ihnen psychisch nicht gut gehe, weil sie sich einem Idol näher fühlen wollten oder weil sie bestimmte Musik und das damit verbundene Lebensgefühl gut fänden. Popkultureller Hype mache ihr durchaus Sorgen.

Das betreffe auch sprachliche Verwischungen: „Beim Begriff ‘anxiety’ muss man unterscheiden“, betonte die Forscherin. „Im Englischen wird das Wort viel weitläufiger verwendet, etwa wenn man nervös ist.“ Panikzustände oder eine Angststörung seien etwas anderes. Menschen, die Hilfe benötigen, sollten nicht das Gefühl bekommen: „Ah, das betrifft anscheinend fast alle, dann gehört es wohl dazu.“ Wichtig sei eine Offenheit für die Erfahrung anderer statt eines Wettbewerbs, wessen Gefühle besonders echt und valide seien.