Welche Faktoren begünstigen sexuellen Missbrauch in der Kirche? Historiker Thomas Großbölting nennt einen aus seiner Sicht wesentlichen Aspekt.
Für den Hamburger Historiker Thomas Großbölting ist die religiöse Überhöhung von Pfarrern eine der Hauptursachen für sexualisierte Gewalt in den Kirchen. “Es ist die behauptete Gottesnähe des Geistlichen, die Macht verleiht und Missbrauch ermöglicht”, schreibt Großbölting in einem Gastbeitrag für die Zeitschrift “Herder Korrespondenz” (März-Ausgabe).
Die Kirchen müssten endlich die “Überhöhung und Selbstüberhöhung der jeweiligen Geistlichen” sowie der gesamten Institution Kirche überwinden, fordert Großbölting, der bei der jüngsten Forum-Studie der evangelischen Kirche sowie bei einer katholischen Aufarbeitungsstudie im Bistum Münster mitarbeitete.
Viele Betroffene hätten berichtet, dass die Täter ihnen sagten: “Gott sehe es gerne, wenn sich Menschen so sehr liebten, wie sie beide.” Diese Verschleierung des Missbrauchs durch religiöse Begrifflichkeiten sei eine “monströse Verkehrung des Verkündigungsauftrags”, schreibt Großbölting. Er verweist darauf, dass sexualisierte Gewalt gegen Kinder und Jugendliche im Raum der Kirchen fast ausschließlich von Männern ausging.