Auch wenn es weniger Kirchgänger und Pfarrer gibt, sollten Kirchengebäude nach Überzeugung des Münchner Experten Vinzenz Dufter erhalten werden. „Lieber soll eine Kletterhalle reingebaut werden, als eine Kirche einfach abzureißen“, sagte der Bauberater für „Haus und Siedlung“ beim Bayerischen Landesverein für Heimatpflege dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ein Kirchenabriss sollte immer nur die Ultima Ratio sein. Kirchen seien Treffpunkte für Menschen, Dorfzentren und Orte der Identifikation und Gemeinschaft.
Wenn eine Kirche im Unterhalt zu teuer werde und über eine andere Nutzung nachgedacht werden müsse, gebe es keine Patentlösung, sagte der Architekt. Das müsse immer im Einzelfall vor Ort entschieden werden. Dazu müssten neben der Kirchengemeinde auch die Kommune, die Bevölkerung oder Architekten mit in die Entscheidung einbezogen werden. Es sei immer wünschenswert, dass das Kirchengebäude erhalten bleibe, auch wenn es nicht mehr liturgisch genutzt werde. Eine beliebte Lösung sei, den Kirchenraum multifunktional zu nutzen, etwa für Konzerte, Ausstellungen oder Jugendtreffs.
Ein weiterer Trend sei, ein Kolumbarium einzubauen – also Urnenwände oder Urnenkammern, sagte Dufter weiter. Ein Kirchenraum müsse auch nicht unbedingt kirchlich weitergenutzt werden, ideal wäre aber weiterhin eine öffentliche Nutzung. Aus seiner Erfahrung wisse er, dass die Kommunen grundsätzlich ein Interesse daran hätten, Kirchen zu erhalten. Denn: „Wenn man der Bevölkerung die Kirche wegnimmt, schwindet auch die Wohnqualität.“ Eine Gemeinde würde nur schweren Herzens einem Abriss zustimmen. Das wäre ein „Baukulturverlust“.
Möglich wäre auch, den Kirchenraum zu verkleinern und soziale Angebote, Vereinsräume, Büchereien oder auch ein Café unterzubringen, sagte Dufter. Eine Kirche könne aber auch kostengünstig erhalten oder umgebaut werden. Eine private Nutzung durch Immobilieninvestoren hingegen wäre allein wegen des Denkmalschutzes, dem viele Kirchengebäude unterliegen, schwierig. Wohnungen in einen Kirchenraum einzubauen, wäre zwar möglich, aber sehr aufwendig und teuer, allein wegen der Energiekosten.
Dufter gab auch zu bedenken, dass Kirchen künftig womöglich wieder mehr gebraucht werden könnten. Auch in der Säkularisation seien Kirchen abgerissen oder anderweitig genutzt worden. „Man darf die Hoffnung nicht aufgeben“, betonte Dufter, der an diesem Donnerstag und Freitag (21. und 22. November) die Fachtagung „Was wird aus unseren Kirchengebäuden?“ in Bad Staffelstein über die Nutzung von Kirchengebäuden leitet. Teilnehmen werden Experten von evangelischer und katholischer Kirche, Kunsthistoriker, Architekten und Heimatpfleger. Veranstaltungsort sind die Bildungs- und Tagungshäuser Vierzehnheiligen. (01/3656/20.11.2024)