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Experte: Herabsetzung der Strafmündigkeit bei Kindern bringt nichts

Nach Ansicht von Menno Baumann, Professor für Intensivpädagogik an der Fliedner Fachhochschule Düsseldorf, ist die Diskussion um eine Herabsetzung der Strafmündigkeit bei Kindern „absoluter Unsinn“. Auch der Blick in die Länder, in denen Kinder schon früher strafmündig seien, zeige, dass dies nicht zu weniger Kriminalität bei Kindern geführt habe, sagte er am Dienstag auf dem Fachtag des CJD Baden-Württemberg in Stuttgart. In Deutschland sind Kinder unter 14 Jahren nicht strafmündig. Doch es sei nicht so, dass Kindern unter 14 Jahren nichts passieren würde bei einer Straftat, sagte Baumann. „Ich habe viele Kinder begleitet, die Straftaten begangen haben.“ Diese hätten auch vor einem Richter gestanden, aber nicht vor einem Strafrichter, sondern vor einem Familienrichter, was auch angemessener sei.

Es sei gut, dass es ein Jugendstrafrecht gebe, das nicht wie im Erwachsenenstrafrecht hauptsächlich nur zwei Sanktionen kenne, nämlich Gefängnisstrafe oder Geldstrafe. Im Jugendstrafrecht gebe es auch Erziehungsmaßregeln wie Weisungen, Auflagen oder den Jugendarrest. Beim Umgang mit straffälligen Jugendlichen müsse einiges verbessert werden: „Wie kann es sein, dass in der Jugendstrafanstalt ein Sozialarbeiter für 40 Leute zuständig ist? Wie kann es sein, dass jemand mit 14 Jahren in der Erwachsenenforensik sitzen muss, weil wir uns weigern, Einrichtungen zu bauen, die diesen Menschen gerecht werden?“, sagte Baumann.

In seinem Vortrag mit dem Titel „Aus der Ohnmacht in die innere Sicherheit“ riet er zudem Pädagogen, sich Gedanken zu machen, wie sie im Umgang mit jungen Menschen Grenzen setzten. Seien Grenzen vor allem gedacht, um Macht zu demonstrieren oder seien sie ein Ausgangspunkt für Lösungen? Ein Regelkatalog für alle in der Jugendhilfe sei unrealistisch und könne nicht durchgesetzt werden, so Baumann. Regeln müssten oft individuell und abhängig vom Entwicklungsstand des Kindes aufgestellt werden.

Das Christliche Jugenddorfwerk Deutschland (CJD) ist eines der größten Bildungs- und Sozialunternehmen in Deutschland mit nach eigenen Angaben rund 11.000 Mitarbeitenden an über 350 Standorten. Der CJD Baden-Württemberg betreut mit rund 860 Mitarbeitenden jährlich nahezu 3.500 Menschen in unterschiedlichsten Lebenssituationen.

Der Fachtag des CJD Baden-Württemberg beschäftigte sich unter dem Titel „Das eigene Wollen als Schlüssel im Hilfesystem“ mit der pädagogischen Begleitung hochbelasteter junger Menschen. (1237/27.05.2025)