Der frühere Bundesverfassungsrichter Peter Müller hat die Bedeutung eines konstruktiven, vertrauensvollen und von kritischer Distanz geprägten Austauschs zwischen Justiz und Medien betont. „Es ist kein Zufall, dass Autokraten, wenn sie versuchen, ihre autokratische Herrschaft zu festigen, typischerweise die Presse und die Justiz ins Visier nehmen“, erklärte der frühere saarländische CDU-Ministerpräsident am Samstagabend in Saarbrücken. Das sei in Ungarn, in Polen und zurzeit in den USA zu erleben. Justiz und Presse seien unverzichtbar, wenn es um freiheitliche Demokratie und den Rechtsstaat gehe, unterstrich er. Journalisten und Juristen säßen im gleichen Boot.
Müller hielt die Laudatio auf den Richter am Landgericht Saarbrücken, Sebastian Abel, der in diesem Jahr den undotierten Medienpreis „Goldene Ente“ der Landespressekonferenz (LPK) Saar erhalten hat. Mit dem Ehrenpreis zeichnet die LPK Saar seit 1973 Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens für ihren offenen Umgang mit der Presse aus. Mittlerweile wird die Auszeichnung alle zwei Jahre vergeben. Abel, der stellvertretender Leiter der gemeinsamen Pressestelle am Oberlandesgericht des Saarlandes ist, wurde unter anderem für seinen „wertvollen Beitrag zu einer transparenten Justiz und zugleich zu einer verständlichen Berichterstattung“ gewürdigt.
Ex-Verfassungsrichter Müller erklärte, welche Bedeutung Pressesprecher für die Justiz hätten. Die klassische Vorstellung der Justiz sei, dass ihr Verhältnis zur Presse von „gelassener Ignoranz“ geprägt sei. Es gelte der Grundsatz, dass der Richter durch sein Urteil spreche, aber ansonsten schweige. Die Beschlüsse seien selbsterklärend und Journalisten müssten damit vernünftig umgehen. „Das ist aus zwei Gründen in der heutigen Zeit nicht mehr vertretbar“, unterstrich Müller. Journalisten seien einerseits gezwungen, in Echtzeit zu berichten, andererseits gehe es in der Justizberichterstattung „nicht selten um ziemlich komplizierte Dinge“. Es brauche Pressesprecher, die präzise übersetzten, erläuterte er.
Ähnlich äußerte sich Preisträger Abel. Die Kommunikation über Urteile sei fast genauso wichtig wie die Urteile an sich. „Wenn wir darüber sprechen und Sie darüber berichten, dann steigt die Akzeptanz dieser Urteile in der Bevölkerung“, betonte er. Deswegen sei er dankbar, dass er Journalistinnen und Journalisten zuarbeiten dürfe, damit sie diese Aufgabe erfüllen könnten. Eine freie, unabhängige, sachliche, unvoreingenommene und vielfältige Presselandschaft sei einer der Pfeiler der Demokratie.
Abel bezeichnete die Auszeichnung der Landespressekonferenz als eine „ganz große Ehre“. Pressearbeit sei aber vor allem Teamarbeit. Er stehe somit nur stellvertretend für viele andere Menschen.
Die Landespressekonferenz würdigte unter anderem, dass der Jurist sich dafür einsetze, Journalisten umfassend und zeitnah über Prozesse und ihre Hintergründe zu informieren. Dabei versuche er nicht, Einfluss auf die redaktionelle Berichterstattung zu nehmen. Auch gebe er keine Informationen preis, die über einen rechtlich zulässigen Rahmen hinausgingen. Abel zeige, wie „ein konsequentes Bemühen und Verständnis für die gegenseitigen Bedürfnisse“ die Arbeitsbedingungen von Medienschaffenden „substanziell“ verbessern könnten.
Der gebürtige Saarländer Abel war den Angaben zufolge ab 2014 als Richter in Berlin tätig – unter anderem als Jugendrichter und stellvertretender Pressesprecher der Berliner Strafgerichte. 2021 kam er zurück ins Saarland.
Zuletzt ging die „Goldene Ente“ an den Virologen Jürgen Rissland. Zu den bisherigen Preisträgern zählen unter anderem auch die frühere CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer und der ehemalige luxemburgische Außenminister Jean Asselborn – auch Ex-Bundesverfassungsrichter Müller ist ein früherer Preisträger.