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Evangelische Kirche stellt neues Friedenspapier vor

Die EKD will Anfang November ihre neue Friedensdenkschrift veröffentlichen. Sie ist eine Reaktion auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine – und dürfte zu Diskussionen führen.

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die EKD ihre neue Friedensdenkschrift geschrieben
Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die EKD ihre neue Friedensdenkschrift geschriebenImago / Müller-Stauffenberg

Die Stadt Dresden mit der wiederaufgebauten Frauenkirche als eines ihrer weltberühmten Wahrzeichen ist ein Sinnbild für die Zerstörung des Krieges im 20. Jahrhundert: Die Frauenkirche stürzte infolge des alliierten Bombardements am 13. Februar 1945 ein und wurde mit Spenden aus aller Welt bis 2005 wieder aufgebaut. Vom 7. bis 12. November trifft sich das evangelische Kirchenparlament in der Elbmetropole. Während der Tagung soll auch die neue Friedensdenkschrift „Die Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick“ der EKD am 10. November der Synode und der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Das Papier ist in einem parallelen Prozess seit 2023 entstanden. Die Synode 2022 in Magdeburg beschloss infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine, dass die Friedensdenkschrift der EKD von 2007 auf den Prüfstand soll, die bislang Grundlage für die friedensethische Haltung der evangelischen Kirche war. Nach Kriegsbeginn hatte es in der evangelischen Kirche heftige Debatten etwa über deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine gegeben.

Friedensdenkschrift: Diskussionen in ganz Deutschland

In einer „Friedenswerkstatt“, die vom EKD-Friedensbeauftragten Friedrich Kramer geleitet wurde, fanden in ganz Deutschland Diskussionsveranstaltungen statt. Parallel dazu arbeitete ein Redaktionsteam, das unter anderem von der Berliner Theologin Friederike Krippner geführt wird, am Text für die neue Denkschrift, die der Rat der EKD verabschiedet hat.

Klar ist schon jetzt, dass es in einem Punkt eine erkennbare Abweichung gegenüber der Denkschrift von 2007 geben wird, die damals das Leitbild des gerechten Friedens etablierte. Der „gerechte Friede“ umfasst vier Dimensionen: den Schutz vor Gewalt, die Förderung der Freiheit, den Abbau von Ungleichheiten und friedensfördernde Pluralität. „Der Primat des Gewaltverzichts zieht sich durch den gesamten Text“, betont die Co-Vorsitzende des Redaktionsteams Krippner.

Dem Schutz vor Gewalt wird in der neuen Denkschrift ein Vorrang eingeräumt. Denn der Schutz vor Gewalt sei eine „unabdingbare Voraussetzung für umfassende Friedensprozesse“, sagte die EKD-Ratsvorsitzende, Kirsten Fehrs, im Juni in einem Vortrag. Das hat auch Konsequenzen für die Haltung in der Sicherheitspolitik, räumte sie in der ersten Folge des EKD-Podcasts „Frieden denken“ ein. Der Gedanke der Abschreckung ist laut Fehrs als Option eben gerade nicht erledigt, wenn sie zur Verhinderung von Gewalt und damit zur Friedensförderung beitrage.

Debatte um Drohung mit Atomwaffen programmiert

Die Frage, wie sich dies mit Blick auf die Drohung mit Atomwaffen verträgt, wird einen vertieften Blick in die neue Denkschrift lohnen. Die Drohung, nukleare Waffen einzusetzen, war für die Friedensdenkschrift von 2007 jedenfalls nicht mehr friedensethisch zu rechtfertigen. Der EKD-Rat hatte die Denkschrift vor dem Hintergrund der islamistischen Terroranschläge vom 11. September 2001 auf das World Trade Center herausgegeben. Prävention und gewaltfreie Möglichkeiten der Konfliktbearbeitung stellen darin die wichtigsten Mittel zur Schaffung des Friedens dar.

Der Vorsitzende der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden (AGDF), Jochen Cornelius-Bundschuh, hätte sich gewünscht, dass auch im Redaktionsprozess der neuen Denkschrift Perspektiven der zivilen Konfliktbearbeitung stärker berücksichtigt werden. „Die evangelische Friedensarbeit hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auf diesem Gebiet professionalisiert. Wir arbeiten etwa mit der ‘Aktion Sühnezeichen Friedensdienste’ oder dem ‘Internationalen christlichen Friedensdienst Eirene’ seit Jahren in friedensfördernden Projekten und haben viel Erfahrung damit, wie man Konflikte mit zivilen Mitteln einhegt und begrenzt“, sagt der frühere badische Landesbischof.

Die 2007er-Denkschrift setzte zudem funktionierende, handlungsfähige internationale Institutionen voraus, um Konflikte nach den Prämissen des Völkerrechts zu managen. Dass man sich darauf im Jahr 2025 – 80 Jahre nach der Bombardierung Dresdens, der Befreiung des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Auschwitz und dem Ende des Zweiten Weltkriegs – nicht mehr verlassen kann, auch dazu will sich die Denkschrift verhalten.