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Evangelische Kirche plant zweistufige Zahlungen an Missbrauchsopfer

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hat ein Modell für Entschädigungszahlungen an Opfer sexualisierter Gewalt in ihren Gemeinden und Einrichtungen präsentiert. Es werde ein „Kombimodell“ aus einer individuellen und einer pauschalen Leistung geben, sagte Betroffenen-Sprecher Detlev Zander am Montag bei der EKD-Synode in Würzburg. Die pauschale Leistung soll im Falle strafbarer Taten 15.000 Euro betragen und auch dann gezahlt werden, wenn die Taten nach staatlichem Recht verjährt sind.

Für Betroffene sei diese Summe die „absolute Untergrenze“, sagte Zander, der Mitglied im Beteiligungsforum ist, in dem Betroffene und kirchliche Beauftragte maßgeblich Beschlüsse und Verfahren zum Umgang mit Missbrauchsfällen in der evangelischen Kirche vorbereiten. Er bezeichnete den Betrag als „hart errungenen Kompromiss“ und betonte die Bedeutung der individuellen Leistung. Sie soll für jeden anerkannten Fall sexualisierter Gewalt gezahlt werden. Eine Obergrenze für diese Zahlungen soll es nicht geben.

Das Modell muss noch grünes Licht aus den 20 Landeskirchen und 17 diakonischen Landesverbänden bekommen. Nach dem Willen des Rates der EKD soll es im Frühjahr endgültig beschlossen werden. Die Sprecherin der kirchlichen Beauftragten im Beteiligungsforum, Dorothee Wüst, hob hervor, dass es bei den sogenannten Anerkennungsleistungen auch darum gehe, die bislang unterschiedlichen Verfahren der Landeskirchen zu vereinheitlichen.

Beschließen will die Synode bei ihrer Tagung in Würzburg andere Maßnahmen, die Konsequenzen aus der im Januar vorgestellten Studie über das Ausmaß von Missbrauch in der evangelischen Kirche und der Diakonie ziehen sollen. Dazu gehört, ein Recht auf Aufarbeitung für Betroffene sexualisierter Gewalt kirchenrechtlich zu verankern, wie aus einem am Montag präsentierten Maßnahmenplan hervorgeht. Außerdem soll eine zentrale Ombudsstelle geschaffen werden, die Betroffene bei Konflikten mit kirchlichen und diakonischen Stellen unterstützt.

Der Maßnahmenplan umfasst insgesamt zwölf Punkte und soll bis 2030 umgesetzt werden. Konkret beraten wird bei der Synode bereits eine Änderung des kirchlichen Disziplinarrechts, um die Rechte von Opfern zu stärken. Über die Beschlussvorlagen wird am Mittwoch abgestimmt. Begleitet wurde die Synode von einer Demonstration von rund einem Dutzend Betroffener sexualisierter Gewalt, die die Debatte der Synode auch auf der Besuchertribüne verfolgten.

Für Montagabend stand zudem die Wahl neuer Mitglieder in den Rat der EKD auf der Tagesordnung. Neu in dem Gremium ist der Berliner Bischof Christian Stäblein, der auch Flüchtlingsbeauftragter der EKD ist. Er erhielt als einziger von vier Kandidaten im ersten Wahlgang die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Im vierten Wahlgang wurde die Kirchenpräsidentin der Evangelisch-Reformierten Kirche, Susanne Bei der Wieden, als neues Ratsmitglied gewählt. Nachdem eine Kandidatin zurückgezogen hatte, bekam im sechsten Wahlgang Ordensschwester Nicole Grochowina genügend Stimmen, um in den Rat einzuziehen. Damit hat das Leitungsgremium wieder 15 Mitglieder.

Am Dienstag entscheiden Synode und Kirchenkonferenz neu über den Ratsvorsitz. Nach dem Rücktritt von Annette Kurschus vor einem Jahr steht derzeit die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs kommissarisch an der Spitze der deutschen Protestanten. Fehrs will sich zur Wahl stellen, um den Vorsitz für die nächsten drei Jahre zu übernehmen. Aus dem Rat scheiden mit der Synodentagung zudem der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung aus Altersgründen sowie der Bochumer Kirchenrechtsprofessor Jacob Joussen aus persönlichen Gründen aus. (00/3423/12.11.2023)