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Evangelische Kirche erforscht NS-Vergangenheit ihrer Kirchenleitung

Eine Forschungsgruppe der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz untersucht die Verwicklung ehemaliger ranghohen Kirchenleute in der NS-Zeit. Nun präsentierte sie erste Ergebnisse.

Welche Rolle haben führende Kirchenleute in Deutschland zur Zeit des Nationalsozialismus gespielt? Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) hat am Montag in Berlin erste Ergebnisse einer Forschungsgruppe präsentiert, die das Wirken von fünf Konsistorialpräsidenten der ehemaligen Kirchenprovinz Mark Brandenburg in den Jahren 1933 bis 1945 untersucht. “Damit setzen wir ein wichtiges Zeichen für die Aufarbeitung von Unrecht im Nationalsozialismus”, erklärte die Forschungsgruppe aus Vertretern der EKBO sowie einer externen Historikerin.

Demnach war das Konsistorium seinerzeit die oberste Dienstbehörde der Kirchenprovinz Mark Brandenburg, die territorial annähernd deckungsgleich mit dem heutigen Gebiet der EKBO ist. Die Forschungsgruppe untersuche seit Anfang diesen Jahres insbesondere die Biografien der Konsistorialpräsidenten August Gensen, Paul Walzer, Georg Rapmund, Walter Siebert und Johannes Heinrich. Vor allem Johannes Heinrich sei ein “ganz scharfer Nationalsozialist” gewesen, so die Forschungsgruppe. In seiner Amtszeit von 1938 bis 1945 habe er auch Mitarbeiter des Konsistoriums denunziert. “Er sollte die Behörde im Sinne des Nationalsozialismus umbauen.”

Die Forschungsgruppe plant, ihre Recherchen bis Mitte 2026 abgeschlossen zu haben. Neben einer Publikation, die dann veröffentlicht werden soll, soll es ab 2027 auch eine Dauerausstellung über die Ergebnisse in Berlin geben. “Die Parallelen zu heute liegen auf der Hand”, so die Gruppe. “Mit unserer Aufarbeitung wollen wir verhindern, dass wir wieder dieselben Fehler begehen.”

Neben der Rolle der Konsistorialpräsidenten sollen auch andere Personen und Tätigkeiten der ehemaligen Kirchenprovinz Mark Brandenburg untersucht werden. Im Fokus stünden dabei etliche Disziplinarverfahren, bei denen Menschen zu Unrecht aus der Kirche ausgeschlossen geworden seien. Diese Verfahren seien “im Sinne der Nazis geführt” worden, viele der Verurteilten hätten bis heute keine Rehabilitation erlebt. Zudem war das Konsistorium für die Ausstellung der sogenannten Ahnenpässe zuständig, die eine mögliche jüdische Abstammung in der Familie nachgewiesen haben.

Die Gruppe erinnerte zudem an den 80. Jahrestag des sogenannten Stuttgarter Schuldbekenntnisses vom 19. Oktober 1945. In diesem bekannte sich die Evangelische Kirche zur Mitschuld am Leid und an den Verbrechen während der NS-Zeit.