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EuGH-Anwältin: Hohe Hürden für Wolfs-Abschuss in Österreich

Im Streit um den Abschuss eines Wolfes in Österreich hat sich die zuständige Generalanwältin am Europäischen Gerichtshof (EuGH) für eine enge Auslegung des EU-Rechts ausgesprochen. Unter anderem vertrat Tamara Capeta in ihren am Donnerstag in Luxemburg veröffentlichten Schlussanträgen die Auffassung, eine Tötung des geschützten Tieres könne nicht mit möglichen zukünftigen und mittelbaren Schäden für die Alm- und Tourismuswirtschaft begründet werden. Wenn die Ziele des Artenschutzes erreicht werden sollten, seien bestimmte Kosten und Anpassungen unvermeidlich; dies müsse man bei der Abwägung der Alternativen berücksichtigen.

Im konkreten Fall geht es um den Wolf mit der Kennung 158MATK, der für 37 Schafrisse auf Tiroler Almen verantwortlich gemacht wird. Die Tiroler Landesregierung gab das Tier Ende Juli 2022 zum Abschuss frei. Dagegen legten mehrere Umweltorganisationen Beschwerde ein und beriefen sich auf die EU-Habitatrichtlinie. Das Landesverwaltungsgericht Tirol bat den EuGH um Klärung einiger Fragen.

Generalanwältin Capeta stellte fest, dass Österreich anders als einige andere Mitgliedstaaten nicht vom strengen Schutz des Wolfes ausgenommen ist; Österreich hatte bei seinem EU-Beitritt 1995 nicht um eine Ausnahme ersucht, weil es damals keine Wölfe in der Alpenrepublik gab. Hinsichtlich der Frage, wie sich der Abschuss eines Tieres auf den Erhalt der Population auswirke, meinte Capeta, diese Beurteilung sei bezogen auf das lokale und nationale Gebiet vorzunehmen, nicht auf den weiteren Verbreitungsraum. Allerdings müssten Behörden bei Ausnahmen von der Schutzbestimmung auch Folgen für andere Länder mitbedenken.

Die Generalanwältin relativierte Argumente des Tiroler Gerichts, das als Schaden durch den einzelnen Wolf auch langfristige volkswirtschaftliche Auswirkungen geltend gemacht hatte – etwa wegen der möglichen Auflösung von Almbetrieben und Folgen für Freizeit und Tourismus.

“Treten diese Folgen ein, werden sie höchstwahrscheinlich auf mehrere Ursachen und verschiedene Faktoren zurückgehen. Mir erscheint schwer vorstellbar, dass das Schicksal der österreichischen Almbetriebe vom Wolf 158MATK abhängt”, so Capeta. Die Meinung der Generalanwältin ist nicht bindend, stellt aber eine wichtige Orientierung für das spätere Urteil dar.