Kirchen und Religionen prägten und prägen Europa. Der zuständige EU-Kommissar hat sich deshalb mit Religionsspitzen getroffen. Wo sie aus seiner Sicht gebraucht werden – und was ihre Ansprüche sind.
Nach Worten von EU-Kommissar Magnus Brunner haben Religionen für die Europäische Union eine wichtige Bedeutung. Bei der Weiterentwicklung der EU spielten die Religionen eine große Rolle, weil sie auf lokaler und regionaler Ebene auch weiterhin viel Einfluss hätten, sagte der Innen- und Migrationskommissar am Montag in Brüssel. Er äußerte sich nach einem Austausch mit europäischen Religionsvertretern aus Judentum, Islam, Buddhismus und von mehreren christlichen Konfessionen.
“Religion ist eine sehr gute ethische Grundlage”, so Brunner. Deshalb sei es wichtig, Brücken zwischen den Glaubensgemeinschaften zu bauen und gegenseitiges Verständnis zu haben. Der Kommissar würdigte konkrete Beispiele, wie Religionen auf lokaler Ebene für Dialog und Toleranz sorgten. “Toleranz ist bei allen Religionen die Grundlage.” Religiöse Führer in Europa träten für gegenseitige Toleranz ein.
Die Vertreterin der Evangelischen Kirche in Deutschland, Anne Gideon, bezeichnete die Debatte als fruchtbar. Es seien zwei Rollen von Religionsgemeinschaften deutlich geworden: “Religionen können Brücken bauen, aber sie können auch rote Linien zeigen: Hier sind Menschenrechte in Gefahr, hier ist völkisches Denken, hier ist Antisemitismus. Gerade aus deutscher Perspektive sage ich, dass wir extrem schlechte Erfahrungen damit gemacht haben, wenn Kirchen nicht früh genug sagen, dass es gegen die Menschenwürde geht.”
Auch der katholische Bischof Czeslaw Kozon rief dazu auf, dass sich Religions- und Kirchenvertreter zu Fragen wie Toleranz, Menschenwürde, Migration und Armut mutig in politische Debatten einbringen sollten. Religion und Kirche könnten und müssten “eine Art Gewissensstimme gegenüber der Gesellschaft sein”, so der Bischof von Kopenhagen und Vizepräsident der katholischen EU-Bischofskommission Comece.
Zugleich machte er sich für den Dialog mit anderen Glaubensgemeinschaften stark. Die Kirchen müssten Toleranz immer wieder predigen. Dabei solle das eigene Licht nicht unter den Scheffel gestellt werden. Auf Basis der eigenen Botschaft solle deutlich werden: “Intoleranz gehört nicht zum wahren Christsein.”
Der Dialog von Kirchen und Religionen mit der EU-Kommission findet einmal pro Jahr statt. Er ist im Artikel 17 des Vertrags von Lissabon festgeschrieben und fällt in den Zuständigkeitsbereich des österreichischen EU-Kommissars für Inneres und Migration, Brunner.