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EU-Gipfel vertagt Klimaziel für 2040

Bundeskanzler Friedrich Merz hat beim EU-Gipfel eine baldige Festlegung des Klimaziels 2040 angekündigt. Die Staats- und Regierungschefs einigten sich auf Leitlinien. Die Grünen sprechen von Aufschub.

Vertrocknetes Kartoffelfeld im Siegerland (Archivbild)
Vertrocknetes Kartoffelfeld im Siegerland (Archivbild)Imago / Rene Traut

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat eine zeitnahe Festlegung auf das EU-Klimaziel 2040 in Aussicht gestellt. Die 27 Staats- und Regierungschefs hätten sich einstimmig darauf verständigt, die EU-Kommission auf ihrem Weg zu unterstützen, erklärte Merz am nach Abschluss der Beratungen in Brüssel. Die Kommission hatte vorgeschlagen, die Treibhausgasemissionen bis 2040 um 90 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Die endgültige Festlegung solle nun beim Umweltrat am 4. November erfolgen, sagte Merz. Von Bündnis 90/Die Grünen kommt Kritik: Sie werfen dem Kanzler Aufschub und Unverbindlichkeit vor.

Eigentlich sollte das Ziel bereits im September beschlossen werden. Auf Drängen mehrerer Mitgliedstaaten – darunter Deutschland – wurden weitere Beratungen jedoch auf den EU-Gipfel vertagt. Die Zeit drängt: In rund zwei Wochen beginnt die Weltklimakonferenz im brasilianischen Belém, vor der die EU eigentlich bereits vor Wochen ihren Klimaschutzplan für 2035 hätte vorlegen müssen. Da dieses Zwischenziel jedoch vom 2040-Ziel abgeleitet werden soll, konnte die EU sich bislang lediglich auf eine Absichtserklärung einigen.

EU-Gipfel: Leitlinien statt konkrete Zahlen

„Niemand von uns stellt das Ziel Klimaschutz infrage“, betonte Merz. Zugleich mahnte er, Klimapolitik und Industriepolitik müssten stärker miteinander verknüpft werden. Europa stehe derzeit unter erheblichem wirtschaftlichem Druck und müsse „wieder aus der Defensive herauskommen“. Er mache sich „allergrößte Sorgen um die Arbeitsplätze in ganz Europa“.

Von dem Gipfel war nicht erwartet worden, dass die EU-Spitzen bereits eine konkrete Zahl festlegen. Stattdessen einigten sie sich auf politische Leitlinien, die in der Abschlusserklärung umrissen sind. Darin fordern die Staats- und Regierungschefs eine deutliche Reduzierung von Regulierungs- und Berichtspflichten für Unternehmen und Verwaltungen. So soll etwa das EU-Lieferkettengesetz bis Ende des Jahres abgeschwächt werden. Die Kommission wird zudem aufgefordert, weitere Vereinfachungsvorschläge („Omnibus-Pakete“) vorzulegen.

In der Gipfelerklärung wird auch die Überprüfung des geplanten Verbrenner-Verbots begrüßt. Merz hatte vor dem Treffen angekündigt, das sogenannte Verbrenner-Aus zur Diskussion stellen zu wollen. Nach bisheriger Regelung dürfen ab 2035 in der EU nur noch emissionsfreie Neuwagen zugelassen werden.

Bundesumweltminister Carsten Schneider (SPD) bezeichnete die Einigung als ein „wichtiges Signal“ und versprach, dass Deutschland sich beim Umweltratstreffen sowohl für eine 90-prozentige Minderung der Emissionen bis 2040 als auch ein „davon abgeleitetes starkes Klimaziel der EU für 2035“ einsetzen werde.

Germanwatch begrüßt Einigung

Auch die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch bewertet die Einigung grundsätzlich positiv. „Das ist ein hinreichend starkes Mandat für das Umweltministertreffen, um vor dem Weltklimagipfel in Brasilien Nägel mit Köpfen zu machen und ein 90-Prozent-Klimaziel für 2040 zu beschließen“, sagte der Leiter des Bereichs Deutsche und Europäische Klimapolitik, Oldag Caspar. Zugleich mahnte er, das 2035-Zwischenziel müsse bei mindestens 72 Prozent liegen. Ein schwächeres Ziel sei durch den Klimabeschluss des Bundesverfassungsgerichts von 2021 möglicherweise juristisch angreifbar.

Felix Banaszak, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, kritisierte die Gipfelergebnisse scharf und warf Bundeskanzler Merz vor, Europas Klimaziel auszuhöhlen. „Statt den europäischen Kurs zu bestimmen, folgt Merz dem Prinzip Aufschub und Unverbindlichkeit“, sagte Banaszak der Nachrichtenseite ntv.de. Insbesondere die Union stelle zentrale Instrumente vom Emissionshandel bis zur Elektromobilität infrage.

Die EU strebt an, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden. Dieses Ziel ist im EU-Klimagesetz verankert.