Estlands Präsident Alar Karis hat erneut ein Gesetz blockiert, das die Verbindung der orthodoxen Kirche in Estland zum Moskauer Patriarchat verbieten sollte – aus Sorge um Grundrechte. Auch die zweite Version des Gesetzestextes schränke die Vereinigungs- und Religionsfreiheit unverhältnismäßig ein und widerspreche damit der Verfassung, erklärte Karis. Das Parlament habe den Gesetzentwurf zwar geändert, aber nicht ausreichend.
Nach dem ersten Präsidentenveto im April hatten die Abgeordneten im Juni einen leicht abgewandelten Gesetzestext verabschiedet. Nach Inkrafttreten des Gesetzes hätte die Estnische Christliche Orthodoxe Kirche ihre Verbindung zum Moskauer Patriarchat aus dem eigenen Statut streichen müssen – die Frist dafür wäre sechs Monate lang gewesen. Der Entwurf verbot Kirchen, Gemeinden und Klöstern organisatorisch oder wirtschaftlich mit einem geistlichen Zentrum im Ausland verbunden zu sein, das eine Gefahr für die Sicherheit des estnischen Staates darstellt. Das Parlament präzisierte zudem, was unter einer Bedrohung zu verstehen ist.
Estland: Parlament soll Gesetzentwurf ändern
Der Gesetzentwurf untersage unter bestimmten Voraussetzungen auch Verbindungen im Bereich der Kirchenlehre mit ausländischen Personen, erklärte der Präsident nun. “Würde sich das gesetzliche Verbot nur auf administrative und wirtschaftliche Verbindungen zu einer gefährlichen ausländischen Person beziehen, wäre es wahrscheinlich verfassungsgemäß.” Kirchliche Lehre und Gottesdienste dürften indes nur verboten werden, wenn es keine anderen Mittel gebe, den Zweck des Gesetzes zu erreichen.
Karis sprach sich dafür aus, dass das Parlament den Gesetzentwurf so ändere, dass er verfassungskonform ist. Die Reform des bestehenden Kirchengesetzes sei ein wichtiges Anliegen.
Kirchengesetz: russisch-orthodoxe Kirche im Fokus
Innenminister Igor Taro kritisierte das erneute Präsidentenveto. Als Innenminister werde er weiter nach verfassungsmäßigen Wegen suchen, “um unsere Religionsgemeinschaften vor dem Einfluss der aggressiven russischen Staatspolitik zu schützen”. Die russisch-orthodoxe Kirche unterstütze offen Krieg und Kriegsverbrechen.
In Estland gibt es zwei orthodoxe Kirchen. Eine gehört zum Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel, die andere zu Moskau. Letztere, die Estnische Christliche Orthodoxe Kirche, hatte zwar vor Kurzem das Moskauer Patriarchat aus dem eigenen Namen entfernt, untersteht aber laut Statut weiter dem Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill I. Dieser bezeichnete den Kampf der russischen Soldaten in der Ukraine als “heiligen Krieg”.