Im Streit um das Kloster Goldenstein soll nun der Vatikan ein Machtwort sprechen. Ein Kirchenrechtler erklärt, welche Schritte der Vatikan erwägen könnte und was den Nonnen im schlimmsten Fall droht.
Im Streit um die Besetzung des ehemaligen Klosters Goldenstein bei Salzburg durch drei über 80-jährige Ordensfrauen schaltet sich nun der Vatikan ein. Die Nonnen hatten zuvor ein Angebot ihres Vorgesetzten abgelehnt. Propst Markus Grasl vom österreichischen Kloster Reichersberg wollte ihnen damit einen Verbleib in Goldenstein “bis auf Weiteres”, jedoch unter strengen Auflagen ermöglichen.
Grasl sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Sonntag über einen Sprecher, er bedauere sehr, dass die Schwestern die angebotene Lösung nicht akzeptieren. Am Freitag habe er daher den Vatikan gebeten “sämtliche weiteren notwendigen Schritte zu setzen”. Welche Maßnahmen und welche Konsequenzen nun folgen werden, sei offen.
Die Schwestern waren Anfang September gegen den Willen Grasls aus einer Seniorenresidenz in ihr früheres Kloster zurückgekehrt. Sie berufen sich auf ein Versprechen lebenslangen Wohnrechts im Kloster Goldenstein. Ihr Anwalt bezeichnete das nun vorgelegte Angebot als “Knebelvertrag”.
Die Bedingungen umfassten unter anderem ein Verbot von Social Media und Medienkontakten, den Rückzug von Unterstützerinnen sowie den Verzicht auf juristische Schritte. Im Gegenzug wurden Pflege- und Betreuungsangebote im alten Kloster in Aussicht gestellt. Da die Nonnen die Bedingungen ablehnen, bat Grasl nun den Vatikan um Hilfe.
Droht den rebellischen Nonnen jetzt ein Rausschmiss aus dem Orden? Der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller winkte am Sonntag im Gespräch mit der KNA ab. Er sieht im Verhalten der Ordensfrauen keinen Ungehorsam gegenüber der Kirche, da sie bereit seien, ihr vor Jahrzehnten versprochenes Klosterleben zu führen. Wären die Frauen statt aus der Seniorenresidenz aus ihrem Kloster geflohen, um nicht mehr wie Ordensfrauen zu leben, könnte Rom sie aus dem Orden werfen. Doch genau das sei in Goldenstein nicht der Fall.
Die Frauen hätten das Recht, ihr geistliches Leben entsprechend ihrer Ordensregel frei zu gestalten, müssten aber zugleich im Alter angemessen versorgt werden. Der Professor für Kirchenrecht forderte: “Rom muss nun alle Aspekte abwägen und eine Entscheidung treffen, die dem Wohl der Schwestern dient.”
Als möglichen “worst case” bezeichnete Schüller die Möglichkeit, dass der Vatikan dem Propst Recht geben und die Einweisung der Frauen in ein Seniorenheim anordnen könnte. Der Kirchenrechtler hält aber auch das für unwahrscheinlich. Nach seiner Einschätzung sei vor allem der Propst das Problem, weil einige seiner Forderungen stark in die Persönlichkeitsrechte der Frauen eingriffen. Beispielsweise könne das Einstellen sozialer Kontakte selbst von Ordensmitgliedern nicht gefordert werden: “Zwar gilt grundsätzlich die Gehorsamspflicht für Ordensleute, doch dürfen dabei elementare Rechte nicht grob missbräuchlich missachtet werden”.
In der Kirche könne ein Vorgesetzter zwar über die Zukunft der ihm unterstellten Ordensleute entscheiden, fügte Schüller hinzu. Dabei müsse er aber den Rat der Gemeinschaft anhören. Da die drei Schwestern die letzten lebenden Mitglieder ihrer Gemeinschaft sind, sei diese Anhörung über die Zukunft der drei Frauen nicht möglich. Deshalb sei es “kirchenrechtlich zwingend”, die Nonnen selbst anzuhören, bevor Entscheidungen getroffen würden. Im Streitfall habe der Propst jedoch keine juristische Handhabe, so dass nun der Vatikan als oberste Instanz einschreiten müsse.
Nach Einschätzung des Experten liegt der eigentliche Handlungsbedarf daher weniger bei den Ordensfrauen als bei ihrem Vorgesetzten: “Der Propst handelt wenig geschickt und effizient.” Sinnvoll wäre es aus Sicht des Kirchenjuristen daher, dass der Vatikan “eine erfahrene weibliche Obere mit dieser Aufgabe betrauen” würde.